Behinderungen durch den Lieferverkehr sind ärgerlich, aber zumutbar
Kurze Wartezeiten müssen hingenommen werden
Ortenau (gro). Jeder Autofahrer hat es schon einmal erlebt: LKW, die auf der Straße halten, um abzuladen oder Lieferdienste, die in zweiter Reihe stehen, um Pakete in umliegende Häuser zu bringen. Je nach Tageszeit entsteht ein Rückstau, denn nicht immer ist das Überholen des Hindernisses einfach.
Im Paragraf 12 der Straßenverkehrsordnung ist geregelt, was "Halten" oder "Parken" bedeutet. Wer sein Fahrzeug verlässt und länger als drei Minuten hält, der parkt. Wichtig sind dabei die entsprechenden Verkehrsschilder, die Halteverbote anzeigen. "Ein Halten unter drei Minuten ist unzulässig in engen und unübersichtlichen Straßenteilen", erklärt Jörg Garbe von der Kanzlei Rassek, Ehinger & Partner in Offenburg. Fünf Meter vor und hinter einer Kreuzung oder Einmündung sei das Parken unzulässig. Regeln, die für alle Verkehrsteilnehmer gelten, also auch für Liefer- oder Lastwagen. "Die häufig vorkommende Praxis, dass beispielsweise ein Lieferwagen auf einer Abbiegespur zum Entladen hält, ist und bleibt ein Verstoß gegen das Halteverbot", stellt Garde fest. "Sonderregelungen gelten hier grundsätzlich nicht."
Werde eine Einfahrt oder eine Garage zugestellt, könne man den Tatbestand der Nötigung als erfüllt ansehen. "Aber", so der Rechtsanwalt, "im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung wird man eine Nötigung nur dann annehmen können, wenn eine gewisse Dauer der Blockade erfüllt ist." Stehe der Paketdienst nur einige Minuten vor der Ausfahrt, fehle das für den Einsatz des Strafrechts nötige Gewicht. Hinzu komme, dass nur dann von einer Nötigung auszugehen sei, wenn es dem "Zuparker" gerade darauf ankomme, das Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer zu beeinflussen beziehungsweise zu verhindern.
Das Zuparken von Einfahrten sei eine Eigentumsstörung, stellt Jörg Garde fest. "Allerdings hat der Bundesgerichtshof auch entschieden, dass eine Störung des Eigentums nicht vorliegt, wenn es sich wiederum nur um eine nicht wesentliche kurzfristige Beeinträchtigung der Zufahrt handelt", klärt der Rechtsanwalt auf. Werde also nur ein Paket ausgeladen oder der Heizöltank des Nachbarns befüllt, dann müsse dies hingenommen werden. Es gelte das Gebot der Rücksichtsnahme – für beide Seiten. Wer dringend einen Zug erreichen müsse, der könne erwarten, dass er aus seiner Einfahrt fahren dürfe.
"Der Gemeindevollzugsdienst schreitet ein, wenn im absoluten Halteverbot, auf Geh- und Radwegen oder Rettungswegen gehalten wird", so Wolfgang Reinbold von der Pressestelle der Stadt Offenburg. Dabei würden auch keine Ausnahmen für den Lieferanten gemacht. In allen anderen Fällen müssten die Verkehrsteilnehmer mögliche Behinderungen durch das Be- und Entladen dulden. "Solange es zügig und ohne Unterbrechung gemacht wird", betont Reinbold. In der Offenburger Fußgängerzone sei der Lieferverkehr geregelt: Von 19 bis 11 Uhr dürften die Lieferanten die Geschäfte anfahren, halten und ausladen. "Am Marktplatz dürfen sie dies unbeschränkt", so Reinbold. Die Ausnahme seien die Fahrzeuge von Handwerkern, sie dürften den ganzen Tag in die Fußgängerzone fahren.
Da das Zuparken oft nur kurzfristig erfolgt, sind die Verstöße in der Regel bis zum Eintreffen der Polizei erledigt. Laut Polizeihauptkommissar Gerd Jund gibt es nach Paragraf 35 Straßenverkehrsordnung Sonderrechte: Fahrzeuge, die Universaldienstleistungen nach Paragraf 11 Postgesetz erbringen oder deren Subunternehmer dürfen Fußgängerzonen auch außerhalb der Lieferzeiten befahren, soweit dies zur zeitgerechten Leerung von Briefkästen dient. Dann dürfen sie auch in zweiter Reihe parken.
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