Verabschiedung in den Ruhestand
Frage nach dem Weg führt zum Traumberuf
Offenburg. Am 8. Mai wurde Reinhard Renter 65 Jahre jung. Am Donnerstag wurde er in der Oberrheinhalle durch Innenminister Thomas Strobl aus seinem Amt als Polizeipräsident verabschiedet. "Er wirkt wie ein Kosmopolit, ist in seinem Herzen aber stets ein heimatverbundener Schwarzwälder", stellte Strobl fest. Und traf damit ins Schwarze, denn Renters Laufbahn als Polizist begann für den gebürtigen Grafenhausener in der Ortenau und endet auch in der Region.
Über Jahrzehnte stand der Beruf im Mittelpunkt des Lebens von Reinhard Renter. Dabei kam er als 17-Jähriger durch Zufall zur Polizei. Auf dem Weg zu einem Bewerbungsgespräch fragte er in einem Polizeiposten nach dem Weg. Neben der Auskunft wurde ihm auch ein Bewerbungsbogen in die Hand gedrückt. Nach der Absage der angestrebten Lehrstelle füllte er die Unterlagen aus. "Ich habe es nie bereut. Das nennt man wohl Schicksal", stellt Reinhard Renter fest.
Mit 17 Jahren begann er seine Ausbildung im mittleren Dienst der Polizei. Die ersten Jahre verbrachte er im Streifendienst beim Polizeirevier Achern. "Ich habe die Arbeit von der Pike auf gelernt", sagt der Polizeipräsident rückblickend.
Seine Karriere kam in Schwung, als er für die Ausbildung im gehobenen Dienst ausgewählt wurde und an der Polizeihochschule in Villingen studierte. "Ich war Vorsitzender des AStA und hielt eine, meiner Meinung nach, tolle Abschlussrede", verrät er mit einem Schmunzeln. Seine Vorgesetzten teilten diese Einschätzung nicht. "Ich sollte nach Blumberg versetzt werden und musste erst mal auf der Karte suchen, wo das ist." Doch er hatte Glück: Der ehemalige Leiter der Freiburger Landespolizeidirektion hielt große Stücke auf ihn und holte ihn nach Breisach. "Er förderte und forderte mich", so Renter.
Achtsamkeit steht für ihn an erster Stelle
Seitdem ist er die Karriereleiter unaufhörlich nach oben geklettert. Nach Stationen im Innenministerium, der Ausbildung zum höheren Dienst und als Fachlehrer an der Akademie in Freiburg kehrte er in die Ortenau zurück. "Spannend war das Jahr in Mazedonien als Chief of Personnel der EU-Mission PROXIMA", erzählt Renter. Dabei habe er ein neues Verständnis für die Arbeit über Ländergrenzen hinweg entwickelt: "Da saßen Franzosen, Deutsche, Italiener und Spanier an einem Tisch – und jede Nation hat ihre eigene Mentalität. Es hat eine Weile gedauert, bis ich verstanden hatte, wie es funktioniert, aber dann habe ich die Arbeit genossen."
2005 wurde Reinhard Renter Leiter der Polizeidirektion Offenburg. "Ich dachte, dass ist meine letzte Station", so Renter. Doch dann kam die Polizeireform, durch die das Polizeipräsidium Offenburg entstand. "Das war das Gute an der Reform", sagt der seiner Heimat verbundene Renter. "Das Schlechte war, das dies ohne mich geplant wurde." Denn er wurde nicht Chef in Offenburg, sondern übernahm das Polizeipräsidium Karlsruhe. "Dann kam die Konkurrentenklage gegen sechs Polizeipräsidenten und in meinem Fall brach eine Anzeigenwelle los", schildert er knapp. Zweieinhalb Jahre dauerte die juristische Aufarbeitung, an deren Ende die Einstellung sämtlicher Strafverfahren stand. Das gute Ende für ihn: Seit 2017 ist er Polizeipräsident in Offenburg – sein Traumberuf.
"2014 bis 2016 war eine schwierige Zeit", so Renter. "Ich musste etwas tun, um abends abschalten zu können und habe vieles ausprobiert – von Meditation bis Nordic Walking." In seinen Fokus rückte das Thema Achtsamkeit, das er auch heute noch aktiv verfolgt. "In großen Unternehmen ist dies schon lange Thema", erklärt Reinhard Renter. Und so hat er ein Programm für "sein" Polizeipräsidium entwickelt. "Man braucht einen achtsamen Umgang mit sich selbst. Ganz nach dem Motto: Wenn es einem selbst gut geht, geht es auch der Familie und den Kollegen gut." So ist es kein Zufall, dass im neuen Gebäude ein Raum der Stille eingerichtet wurde und Besprechungen beim Präsidenten stets mit einem Moment des Innehaltens nach dem Anschlagen einer Klangschale begannen: "Ich wünsche mir, dass dieses Programm bei der Polizei Fuß fasst."
Und was steht für ihn nach dem Ruhestand an? "Ich habe Pläne", stellt er fest und weigert sich mit einem feinen Lächeln, mehr zu verraten. Christina Großheim
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