Hilflosigkeit unter Stress
Welche Nummer ist im Ernstfall die richtige?

Der ärztliche Bereitschaftsdienst sollte gerufen werden, wenn keine lebensbedrohliche Situation herrscht. | Foto: mak
  • Der ärztliche Bereitschaftsdienst sollte gerufen werden, wenn keine lebensbedrohliche Situation herrscht.
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Ortenau (gro). Der Fall, den ein Leser der Guller-Redaktion per E-Mail schildert, lässt keinen kalt: An einem Abend ging es dem bettlägerigen Vater nicht gut. Um 19 Uhr sei der ärztliche Bereitschaftsdienst auf Anraten des Pflegedienstes unter der 116117 angerufen worden. Den Angehörigen sei mitgeteilt worden, dass sie "viel Geduld" haben müssten. Nach etwas mehr als zwei Stunden des Wartens sei der 84-Jährige gestorben. Daraufhin sei der ärztliche Bereitschaftsdienst über den Tod informiert und um einen Arzt gebeten worden, der den Totenschein ausstellt. Nach vielen weiteren Anrufen und Nachfragen bei der 116117 sei gegen 4.40 Uhr endlich der Arzt gekommen, um den Tod zu bescheinigen.

Denn in Deutschland ist eine Leichenschau gesetzlich vorgeschrieben. Nur niedergelassene Mediziner dürfen einen Totenschein ausstellen – der Rettungsdienst nicht. In der Nacht bedeutet das für die Hinterbliebenen nicht nur lange Wartezeiten wie im geschilderten Fall, sondern auch eine recht stattliche Rechnung – je nachdem, wie weit der Anfahrtsweg des Arztes war. Denn die Kosten dafür werden nicht von der Krankenkasse des Verstorbenen übernommen, sondern müssen von den Hinterbliebenen getragen werden. Die Begründung: Mit dem Tod ist das Versicherungsverhältnis erloschen.

Tragischer Fall

Tragisch und drastisch nennt Kai Sonntag, Pressesprecher der kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württenberg, die den ärztlichen Bereitschaftsdienst organisiert, den Fall. Tatsache ist: In der Ortenau stehen in der Nacht zwei Ärzte im Fahrdienst zur Verfügung. An den Wochenenden und Feiertagen sind es tagsüber bis zu fünf – je nach Uhrzeit. "Im Schnitt werden im Fahrdienst in der Nacht rund 20 Patienten behandelt", erklärt Sonntag. "Der ärztliche Bereitschaftsdienst hat keine Hilfsfristen. Das hängt damit zusammen, dass der Bereitschaftsdienst nur für Fälle zuständig ist, die aus medizinischer Sicht nicht zeitkritisch sind. Die Wartezeiten können daher sehr unterschiedlich sein, je nachdem wie viele Patienten gerade anstehen. Bitte bedenken Sie, dass auch tagsüber der Hausarzt nicht sofort einen Hausbesuch macht", erklärt Sonntag die Lage.

Hilfsfristen gelten nur für den Rettungsdienst, der unter 112 erreichbar ist. Der ist allerdings nur dann zuständig, wenn der Patient potenziell stationär aufgenommen werden muss oder seine Beschwerden lebensbedrohlich sind. "Typisch sind ein Herzinfarkt, Schlaganfall, starke Blutungen oder Bewusstlosigkeit", macht Kai Sonntag deutlich.

Richtige Reaktion

Doch wie soll ein Laie in einer Krisensituation dies erkennen? "Die Abfrage erfolgt im Rahmen einer strukturierten, standardisierten Befragung des Anrufers", macht Urs Kramer, Leiter des Amts für Brand- und Katastrophenschutz des Ortenaukreises und zuständig für die Integrierte Rettungsleitstelle, deutlich. Denn montags, dienstags und donnerstags ab 19 Uhr, mittwochs und freitags von 13 bis 8 Uhr sowie 24 Stunden sams-, sonn- und feiertags nimmt diese sowohl die Anrufe, die über die 116117 als auch über die 112 kommen, entgegen.

"Die Entscheidung, an welche Stelle der Sachverhalt weitergeleitet wird, erfolgt am Ende der Befragung durch den Disponenten", schildert Kramer. "Dabei kann es dazu kommen, dass bei dem Nichtvorliegen eines Notfalls der Sachverhalt an den ärztlichen Bereitschaftsdienst weitergegeben wird." Es würde auf jeden Fall ein Hinweis an die Angehörigen erfolgen, wie die weitere Vorgehensweise sei. Liege kein Notfall vor, würde an den ärztlichen Bereitschaftsdienst oder, falls sie geöffnet sind, an die Notfallpraxen verwiesen werden. Alle Anrufe in der Integrierten Rettungsleitstelle nähmen erfahrene medizinische Fachangestellten entgegen.

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