Museum im Ritterhaus
Ursprung der Stücke der kolonialzeitlichen Ausstellung
Offenburg (st). Nach dem Gewinn des Lotto-Museumspreises erhält das Museum im Ritterhaus in Offenburg eine weitere Anerkennung für seine wissenschaftliche Arbeit. Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste bewilligt eine Fördersumme in Höhe von 70.000 Euro für die Erforschung der Provenienz seines kolonialen Sammlungsgutes.
Bereits die 2017 neu eröffnete kolonialzeitliche Dauerausstellung fand in der Fachwelt positive Resonanz. Doch die zeitaufwändige Recherche der genauen Herkunft aller 600 kolonialzeitlichen Sammlungsstücke ließ sich damals nur in Teilen bewältigen. Nun kann das mit Hilfe des Zuschusses 2020 realisiert werden.
Sieben Museen ins Programm aufgenommen
Neben dem Offenburger Museum wurden weitere sechs vor allem größere Museen in das Förderprogramm aufgenommen. Mit den zur Verfügung gestellten Mitteln ist das Museum nun in der Lage, eine Ethnologin mit der wissenschaftlichen Erforschung der kolonialzeitlichen Objekte zu beauftragen. 140 dieser Objekte stammen aus den ehemaligen deutschen Kolonien Deutsch-Südwestafrika, Deutsch-Ostafrika und Kamerun, 170 aus Asien – hauptsächlich China –, 90 aus Amerika – Bolivien, Chile, Peru – und 210 aus Ozeanien – hauptsächlich Melanesien.
Die Objekte wurden zwischen 1884 und 1917 vom Gründer des Museums, Carl Frowin Mayer, zusammengetragen. In der Folgezeit kamen durch Nachlässe weitere ethnografische Objekte hinzu. Über die Herkunft der meisten gibt es nur relativ wenige Informationen. Das wird sich im Rahmen des Forschungsprojektes ändern: Intensive Recherchen in regionalen und überregionalen Archiven und die Vernetzung mit anderen Museen und Institutionen sind nun möglich. Im Falle von wichtigen, identitätsstiftenden Objekten sind zusätzlich Kontakte zu Angehörigen der jeweiligen herkunftsgesellschaften geplant.
Geraubt oder erworben?
Es geht um die Frage, ob Kulturgut aus den ehemaligen Kolonien europäischer Länder, das sich heute in musealen Sammlungen befindet, geraubt oder erworben wurde. Besonders im Fall der Sammlungsstücke aus Afrika und China besteht ein erheblicher Zweifel, ob sie rechtmäßig erworben wurden. Ein großer Teil der chinesischen Objekte wurde dem Museum durch Angehörige des Militärs beziehungsweise der Marine geschenkt, die aus Offenburg stammten oder in Offenburg stationiert waren und am Ostasienfeldzug teilgenommen hatten. Hier besteht natürlich der Verdacht einer gewaltsamen Aneignung. Angehörige des in Offenburg stationierten 170er-Regiments waren am Krieg gegen die Herero und Nama in der ehemaligen deutschen Kolonie Deutsch-Südwestafrika beteiligt. Es muss geprüft werden, welche Sammlungsstücke durch Schenkungen von ihnen ins Museum gelangten.
In Offenburg werden die Ergebnisse in einem Bericht dokumentiert und in mehreren Veranstaltungen öffentlich vorgestellt. Die Daten werden ebenfalls in der Datenbank des Deutschen Zentrums für Kulturgutverluste veröffentlicht.
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