Wolfgang Böhringer feiert 70. Geburtstag
Walter Scheel bürgte für seinen ersten Kredit
Offenburg-Elgersweier. Der Countdown läuft: Am Samstag, 22. September, wird Wolfgang Böhringer 70 Jahre alt. Doch an diesem Tag die Hände in den Schoß zu legen und nur zu feiern, liegt ihm nicht. Auf die Frage, was er seinem Geburtstag macht, sagt er spontan: "na, arbeiten."
Geboren wurde der Metzgermeister, den in Offenburg fast jeder kennt, in Lahr. "Ich hatte vier Geschwister", erzählt er aus seiner Jugend. Wohlhabend sei seine Familie nicht gewesen. Ehrenamtliches Engagement brachte ihn zu seinem Beruf: "Jeden Freitag und Samstag habe ich für ältere Leute Besorgungen beim Metzger gemacht", erzählt Böhringer. "Werde Metzger" habe der Chef des Betriebes ihm empfohlen, als er vor der Berufswahl stand. "Erst habe ich nein gesagt", so Böhringer. "Dann habe ich es gemacht und es war gut so."
Die Arbeit mit den Senioren hat ihm Freude gemacht. "Ab und zu haben sie mir was zugesteckt, ich wurde zum Dank aber auch einfach nur umarmt. Es kam immer etwas zurück", so Wolfgang Böhringer. Ein weiterer "Nebeneffekt" war, dass er bereits mit 16 Jahren dank einer Ausnahmeregelung des Landratsamtes Lahr seinen Führerschein machen durfte. "Ich konnte nachweisen, dass ich 40 Leute betreue", sagt er. "Da war ich auf einen Führerschein angewiesen."
Das Verhältnis zu seinen Lehrherren in der Metzgerei Weber sei sehr familiär gewesen. "Ich habe alles gemacht", erinnert sich Böhringer. "Den Hof gefegt, der Chefin mal bei der Wäsche geholfen und am Samstag in der 'Dammenmühle' Kuchen für den Kaffee geholt." Doch trotz des engen Verhältnisses wechselte er nach seiner Ausbildung in den Großmarkt. "Ich wollte Erfahrungen sammeln", so Böhringer. Er wurde Filialleiter in Trossingen. Seine damalige Freundin und spätere Ehefrau aus Offenburg ging mit ins Schwäbische.
Bankberater hielt ihn für verrückt
Die Geschichte, wie es schließlich dazu kam, dass er sich in der Ortenau selbstständig machte, hat das Zeug zum Roman: Bundespräsident Walter Scheel bürgte für das Gründungsdarlehen, nachdem er bei der Einweihung der Bundesmusikhochschule in Trossingen vom Catering-Angebot des Metzgermeisters begeistert war. Pfiffig wie er war, hatte Böhringer sich um das Catering beworben und auf die Berechnung verzichtet. "Ich denke, der Bankberater in Offenburg hielt mich bei unserem ersten Gespräch, als ich ihm sagte, dass Walter Scheel mein Bürge sei, für verrückt", so Böhringer. Doch der Bundespräsident stand zu seinem Wort, 1975 eröffnete Wolfgang Böhringer seinen Betrieb in der Zeller Straße in Offenburg.
In den 1990er-Jahren wurde der Metzger gefragt, ob er sich eine Kandidatur für den Gemeinderat vorstellen könne. "Die Begründung war, dass Handwerker in dem Gremium fehlen würden", so das CDU-Mitglied. Er ließ sich überreden und schnitt gleich beim ersten Mal, 1999, mit dem zweitbesten Stimmergebnis aller Kandidaten ab. "Nur Jess Haberer hatte noch mehr Stimmen", ist er ein bisschen stolz. "Durch das Geschäft erzählen mir viele Leute, was ihnen unter den Nägeln brennt." Alle seine Ideen hat er natürlich nicht durchsetzen können. "Da muss man manchmal die Zähne zusammenbeißen." Doch er macht die Arbeit nach wie vor gerne und plant, 2019 erneut anzutreten.
Tagesfahrten mit Reisebussen
Beruflich stellte er sich 2002 neu auf: Er verkaufte seine Metzgerei, investierte in sechs Reisebusse und bot erfolgreich Tagesfahrten mit Verpflegung an. Geplant war, dass am jetzigen Standort in Elgersweier nur produziert wird. Doch seine Kunden hielten ihm die Treue und es bildeten sich lange Schlangen am Verkauf. "Die Resonanz war so groß, dass ich doch wieder eine Metzgerei eröffnete", verrät Böhringer. Die einzige Bedingung der Bank: Er musste das Busgeschäft abgegeben. "Das war auch richtig", findet er.
Auch wenn er mit Leib und Seele Metzger ist und ganz in seinem Betrieb aufgeht: "Ich singe gerne, vor allen Dingen alte Schlager", verrät er eines seiner Hobbys. Und er besitzt die Gabe, Stücke rein nach dem Gehör nachzuspielen. Obwohl er keine Noten lesen kann, trifft er sowohl auf der Orgel als auch mit der Fanfare stets den richtigen Ton.
Christina Großheim
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