Erbstück
Als der Großvater die Großmutter zum Traualtar führte
Es war ein unerwarteter Fund in einem Kleiderschrank, der auf dem Speicher meines Elternhauses steht. Die beiden eher unscheinbaren Schachteln, eine weiß und flach, die andere graubraun und hoch, standen gut versteckt hinter Spielsachen auf dem Boden.
Gut verpackt
Ein Blick hinein führte mich zurück in die Kindheit, als meine Oma meine Schwester und mich manchmal hineinschauen ließ. In der größeren der Schachteln befindet sich, samtig schimmernd und tiefschwarz der Zylinder, den mein Großvater an der Hochzeit mit meiner Großmutter trug. In der flachen Schachtel hütete sie ihren Brautkranz sowie die beiden winzigen Einstecksträußchen, die das Ehepaar trug, verziert mit Immortellen aus Papier. Außerdem liegen darin, sorgsam gefaltet, die weißen Handschuhe, die Stümpfe aus feinster Baumwolle und der Schleier der Braut – eingeschlagen in Seidenpapier. Nur noch schwach ist die Schrift auf der Schachtel zu lesen: Neben dem Datum, es war der 4. Mai 1938, schrieb sie "in Erinnerung an unseren Hochzeitstag in Liebe, Deine Maria".
Das Hochzeitskleid existiert nicht mehr, die Jacke des Anzugs – schwarz mit Stresemannstreifen – habe ich als junge Studentin heiß geliebt und völlig abgetragen. Rückblickend wurde mir klar: Es war ein großes Geschenk meiner Oma, dass ich sie anziehen durfte. Christina Großheim
Haben Sie auch ein Erbstück, das Sie vorstellen möchten? Dann machen Sie ein Foto davon und schicken es per Mail an redaktion@der-guller.de, Betreff "Erbstück". Außerdem benötigen wir Hintergrundinfos sowie Ihre Telefonnummer für Rückfragen.
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.