Grüne-Abgeordnete beim Landgericht
E-Akte und bauliche Situation

Die Grünen-Landtagsabgeordneten Thomas Marwein (links) und Thomas Hentschel (2. v. r.) besuchten das Landgericht in Offenburg. Sie sprachen dabei mit der neuen Landgerichtspräsidentin Gertrud Siegfried und Vizepräsident Dietmar Hollederer (r.). | Foto: Büro Thomas Marwein
  • Die Grünen-Landtagsabgeordneten Thomas Marwein (links) und Thomas Hentschel (2. v. r.) besuchten das Landgericht in Offenburg. Sie sprachen dabei mit der neuen Landgerichtspräsidentin Gertrud Siegfried und Vizepräsident Dietmar Hollederer (r.).
  • Foto: Büro Thomas Marwein
  • hochgeladen von Christina Großheim

Offenburg (st) Der Landtagsabgeordnete Thomas Marwein hat gemeinsam mit seinem Rastatter Kollegen Thomas Hentschel, justizpolitischer Sprecher der Grünen Landtagsfraktion, das Landgericht Offenburg besucht. Sie tauschten sich dabei laut einer Pressemitteilung mit der neuen Präsidentin des Landgerichts, Gertrud Siegfried, und dem Vizepräsidenten des Landgerichts Dietmar Hollederer über aktuelle Herausforderungen in der Justiz aus.

Im Fokus des Gesprächs habe dabei die voranschreitende Digitalisierung und der Einsatz Künstlicher Intelligenz in der Justiz gestanden. Baden-Württemberg habe mit dem Programm „E-Justice“ früh begonnen, die vollelektronische Akte zu implementieren und als erstes Bundesland flächendeckend die E-Gerichtsakte im Bereich des Zivilrechts eingeführt. Nun würden im Sommer noch die E-Verwaltungsakte und die E-Strafakte folgen, das Landgericht Offenburg sei dann voll digitalisiert. Mit der Papierakte sterbe damit auch der badische Aktenknoten, eine Aktenheftung, die nur in Baden seit dem 18. Jahrhundert angewandt wurde, nun endgültig aus.

Hohes Tempo

„Das Justizministerium Baden-Württemberg forciert die Einführung mit sehr hohem Tempo. Aufgrund unserer Vorerfahrung mit der E-Gerichtsakte werden wir aber auch die nächsten Schritte gut bewältigen können“ berichtet die Landgerichtspräsidentin. „Auch die Schnittstelle von Polizeiakte, Verwaltungsakte und Strafakte dürfte uns dabei nicht vor größere Probleme stellen."

Dietmar Hollederer sieht dabei ausschließlich Vorteile in der der E-Akte: „Bei Gerichtstagen an anderen Gerichten oder der Arbeit im Homeoffice zeigt sich die Praktikabilität für die Richterschaft ganz besonders, weil die Akten nicht mehr ständig herumtransportiert werden müssen“ so der Vizepräsident. „Aber auch den besseren Überblick mit zum Beispiel der Möglichkeit, spezielle Punkte in einer Akte über die Suchfunktion besonders in Großverfahren mit tausenden von Seiten schnell wiederzufinden, möchte ich nicht mehr missen“. Die Landgerichtspräsidentin ergänzt: „Die E-Akte ist ein Gewinn, weil nun jederzeit die Justizbeschäftigten an der Akte arbeiten können. Früher musste die Akte erst angelegt werden, dann zu verschiedenen Stellen transportiert und dort bearbeitet werden. Jetzt können alle beteiligten Stellen immer sofort auf die Akte zugreifen.“ Thomas Marwein zeigte sich erfreut, dass der Datenschutz dabei gewährleistet ist: „Der elektronische Datenverkehr und die E-Akte werden sehr gut abgeschirmt.“

KI in der Justiz

Der justizpolitische Sprecher Thomas Hentschel kann sich vorstellen, noch einen Schritt weiter mit der Digitalisierung zu gehen: Es gäbe mittlerweile sehr gute Software-Programme, die der besseren Aktenaufbereitung dienen. Und mit Künstlicher Intelligenz könnten Datenbestände abgeschlossener Verfahren durchforstet werden, um mögliche Antworten auf ähnliche Fragestellungen in aktuellen Fällen ausfindig zu machen. Dies könnte die Arbeit der Richter und Richterinnen sehr erleichtern. „Allerdings muss man dann gerade bei Massenverfahren und Großverfahren sehr aufpassen, nicht automatisch ähnlich zu entscheiden und womöglich nicht offensichtliche, aber relevante Unterschiede oder neue Argumente zu übersehen", mahnte Hentschel.

Landgerichtspräsidentin Siegfried stellte klar, dass es keine „Entscheidungsautomaten“ in der Justiz geben werde, und die KI nur innerhalb klarer Grenzen eingesetzt werden dürfe. So werde es beispielsweise auch keine KI-gestützten Vergleichsvorschläge geben. Diese müssten immer vom Richter oder der Richterin selbst kommen.

Bauliche Situation

Bei einem anschließenden Rundgang durch das Gerichtsgebäude sei die problematische bauliche Situation erörtert worden. Das Sicherheitskonzept sei zwar mittlerweile weitestgehend realisiert worden, aber die Räumlichkeiten, etwa die Gerichtssäle im Keller, seien unattraktiv. In den oberen Etagen stelle sich hingegen das Problem, dass dort die Klimaanlagen nicht ausreichend effektiv seien und im Sommer bei Temperaturen von über 30 Grad gearbeitet werden müsse. Zudem fehle ein multifunktionaler Gerichtssaal, der für Veranstaltungen auch einmal anderweitig genutzt werden könne.

Mit einem gemeinsamen Justizzentrum von Polizei und Gerichten könnten nicht nur die baulichen Unzulänglichkeiten der Gerichte und des Polizeireviers in Offenburg behoben werden, sondern unter einem Dach auch Synergieeffekte geschaffen werden. Leider sei der Landesetat im Bereich Hochbau jedoch so deutlich überzeichnet, dass die Finanzierung ungewiss ist. „Hier müssen Justizministerium, Innenministerium und Finanzministerium gut zusammenarbeiten um – möglicherweise gemeinsam mit der Stadt Offenburg – eine gute Lösung zu finden“ so Thomas Marwein.

Am Ende des Besuchs wünscht sich die neue Landgerichtspräsidentin: „Baden-Württemberg ist hinsichtlich der Sachmittel wie der EDV und der personellen Ressourcen gut aufgestellt. Dies muss so bleiben, damit die Justiz einen hohen Stellenwert behält. Denn es braucht drei funktionierende Gewalten, die – ohne Gegner zu sein – zusammenwirken, um unseren Rechtsstaat zu erhalten!“.

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Video einbetten

Es können nur einzelne Videos der jeweiligen Plattformen eingebunden werden, nicht jedoch Playlists, Streams oder Übersichtsseiten.

Abbrechen

Karte einbetten

Abbrechen

Social-Media Link einfügen

Es können nur einzelne Beiträge der jeweiligen Plattformen eingebunden werden, nicht jedoch Übersichtsseiten.

Abbrechen

Code einbetten

Funktionalität des eingebetteten Codes ohne Gewähr. Bitte Einbettungen für Video, Social, Link und Maps mit dem vom System vorgesehenen Einbettungsfuntkionen vornehmen.
Abbrechen

Beitrag oder Bildergalerie einbetten

Abbrechen

Schnappschuss einbetten

Abbrechen

Veranstaltung oder Bildergalerie einbetten

Abbrechen

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.