Die Glosse im Guller
Einfach Augen zu und durch

Manchmal scheint eine Idee gut zu sein. Doch bei genauerer Betrachtung stellen wir fest: Jede Medaille hat zwei Seiten. Wer dann nicht zurückrudern will, dem bleibt nur: Augen zu und durch.

Öl-Embargo

Nehmen wir zum Beispiel das Öl-Embargo gegen Russland. Genauer gesagt das Teil-Öl-Embargo, denn es gibt immer noch jede Menge Schlupflöcher, durch die russisches Öl in die EU fließen kann. Egal, letztendlich steht das Embargo für die Botschaft: Wir haben dich nicht mehr lieb, Wladimir! Vielleicht weint der russische Präsident deshalb auch tatsächlich nachts heimlich in sein Kopfkissen. Nur tagsüber jubelt er über die steigenden Preise, zu denen er sein Öl jetzt halt anderen verkaufen kann. Also trösten wir uns mit der Hoffnung, das könnte eine Lüge sein und ziehen es halt weiter durch.

Benzin-Preise

Immerhin sollten die steigenden Energiekosten Klimaschützer beglücken. Wenn sich die Leute beispielsweise kein Benzin mehr fürs Auto leisten können, reduziert sich schließlich automatisch der CO2-Ausstoß. Genau das war doch immer der Traum auch der Grünen. Der eine oder andere erinnert sich vielleicht noch daran, wie diese bereits Ende der 80er-Jahre der Umwelt zuliebe einen Benzin-Preis von fünf Mark pro Liter forderten. Statt sich jetzt aber zufrieden zurückzulehnen, stimmen Annalena, Robert & Co. einer Senkung der "Spritsteuer" zu. Okay, was tut man nicht alles aus Koalitionszwang. Außerdem ist es sicher ein Unterschied, ob Vater Staat den Preis als umweltpolitisches Steuerungsmittel nach oben treibt oder der garstige Genosse Putin. Am Ende sagen spätere Generationen über ihn: Der russische Präsident war schon ein Schlimmer. Aber eins muss man ihm lassen, die Treibhausgase wurden durch ihn reduziert. Dann doch lieber die Klimaziele zurückstellen und Gas geben für den Weltfrieden.

Neun-Euro-Ticket

Wer das nicht will, kann das staatlich geförderte Neun-Euro-Ticket nutzen. Sogar ich habe mich dazu hinreißen lassen, damit über Pfingsten in den Taunus zu fahren. Der Mann, der mit mir Tisch und Bett teilt, jedoch nicht meinen Drang zu unbesonnenen Aktionen, lachte sich schlapp, als ich ihn vergeblich zum Mitkommen überreden wollte. Meinen Argumenten unschlagbarer Preis und reines Umweltgewissen hielt er entgegen: ewig unterwegs in überfüllten Nahverkehrszügen ohne Toiletten. Letzteres hatte ich nicht bedacht. Was soll's, dann gilt halt: Pobacken zusammengekniffen und durch.
Anne-Marie Glaser

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