Streit zwischen Oberbürgermeistern um Expansionsvorhaben
Edeka-Pläne entzweien Offenburg und Achern
Offenburg/Achern. „Um die zukünftige Expansion der Edeka-Südwest durch eine leistungsfähige
Logistik abzusichern, prüfen wir verschiedene Szenarien. Dazu gehört
auch ein möglicher Logistikstandort im Raum Achern. Wir sind dazu
selbstverständlich mit den Vertretern der zuständigen Verwaltungen in
Offenburg und Achern im Kontakt, auch wenn die Überlegungen erst in
einem sehr frühen Stadium sind“, erklärt Nina Schneider,
stellvertretende Pressesprecherin der Edeka-Südwest, am Freitag auf eine
Guller-Anfrage. Das Gespräch, bestätigt Wolfgang Reinbold,
Pressesprecher der Stadt Offenburg, zwischen Oberbürgermeisterin Edith
Schreiner und dem Edeka-Chef Rainer Huber habe inzwischen stattgefunden.
Das Ergebnis wird nicht kommuniziert.
Stein des Anstoßes war das Vorstellen der möglichen Ansiedlung eines neuen Zentrallagers durch
Edeka am ehemaligen Truppenübungsplatz in nichtöffentlicher Sitzung des
Acherner Gemeinderats. Noch am Donnerstag bei einem kurzfristig
einberufenen Pressegespräch hat Schreiner betont, dass mit ihr niemand
aktuell über eine mögliche Expansion des seit 88 Jahren in Offenburg
ansässigen Handelsunternehmens, das mit rund 1900 Arbeitsplätzen
Offenburgs zweitgrößter Arbeitgeber ist, gesprochen habe. „So etwas ist
mir in meiner Laufbahn noch nicht passiert“, kritisiert Schreiner auch
hinsichtlich des Vorgehens des Parteifreunds Klaus Muttach (beide CDU)
in seiner Funktion als Oberbürgermeister der Stadt Achern. Ihr Vorwurf:
„Das ist aggressives Abwerben.“
Schreiner macht in diesem Zusammenhang öffentlich, dass sie vom damaligen Edeka-Chef Harald Rissel angesprochen worden wäre, dass es Überlegungen für ein neues
Zentrallager gebe. Daraufhin hätte sie Anfang Februar 2015 Rissel Pläne
übergeben, die aufzeigten, dass eine Verdoppelung der Gewerbefläche um
20 Hektar am Standort im Industriegebiet West möglich wäre. Sie hätte
schnell reagiert, auch weil sie von einem Schreiben Muttachs an den
Grünen-Landtagsabgeordneten Thomas Marwein gewusst hätte, worin er
bereits im Dezember 2014 um Unterstützung für Edeka-Pläne zur
Ansiedelung in Achern geworben hätte. Dann sei ein Jahr lang Ruhe gewesen.
Anfang März 2016 gab es erstmals öffentliche Spekulationen um ein Edeka-Zentrallager in Achern. Wieder habe Schreiner unmittelbar reagiert und die Edeka-Führung, Geschäftsführer Rainer
Huber und Aufsichtsratschef Adolf Scheck angeschrieben. Zu Schreiners
großer Verwunderung hätte auf dieses Schreiben allerdings Muttach
geantwortet und sie zitiert ihn, dass dies nach Absprache mit Scheck und
Huber geschehen wäre. „Ränkespiele sind nicht meine Sache“, betont
Schreiner am Donnerstag und will nicht über mögliche Absichten des
Edeka-Aufsichtsrats Scheck aus Achern spekulieren.
Noch am Donnerstag bemüht sich Muttach, mit Argumenten die Position in einer
Mitteilung zu bekräftigen: „Es gab zu keinem Zeitpunkt einen
Abwerbungsversuch der Stadt Achern; nicht ein Kontakt diesbezüglich ging
von der Stadt aus.“ Er betont in der Reaktion auf Schreiners Aussagen,
dass nach Auskunft der Edeka-Führung, Achern der südlichste denkbare
Standort wäre. Warum wenige Meter in Offenburg zwischen Zentrale und
Lager ein Nachteil gegenüber 27 Kilometern zwischen Offenburg und Achern
sei, konnte sich Schreiner schon im Vorfeld nicht erklären.
Muttach muss sich aber nicht nur gegenüber seiner Offenburger Amtskollegin
Schreiner erklären. Denn auch der Regionalverband Südlicher Oberrhein
(RSO) spielt eine Rolle. Dieser plant den möglichen Acherner Standort,
einen ehemaligen Truppenübungsplatz, zum „Grünzug“ zu erklären und will
dies von der Verbandsversammlung entsprechend genehmigen lassen. Damit
wäre das Gelände für jede weitere Bebauung tabu. Dagegen wehrt sich
Achern. Dass es dazu laut Schreiner innerhalb der CDU eine „nicht
einheitliche Linie“ gebe, verwundere sie dann doch wieder. Spannend wird
es daher auch vor dem Hintergrund der laufenden Diskussion in der
nächsten RSO-Sitzung am kommenden Donnerstag.
Für Schreiner spricht die gesamte Regionalplanung grundsätzlich gegen eine Verlagerung
des Edeka-Standorts. „Unternehmen dieser Größe gehören in ein
Oberzentrum“, und damit nach Offenburg, betont sie. „38 Hektar in
hochwertiger Fläche auf der grünen Wiese auszuweisen und dafür eine
Gewerbebrache in Offenburg mit über 20 Hektar zu hinterlassen,
widerspricht allen Zielen und Grundsätzen von Landes- und
Regionalplanung“, spitzt sie die Debatte zu. „Die Stadt Achern sieht
keinen Anlass, diese komplexe Thematik auf einer emotionalen Ebene zu
diskutieren“, erklärt Acherns OB Muttach und verweist darauf, dass
ansonsten der Abzug nach Nordbaden, Hessen oder Rheinlandpfalz drohe.
„Wir sind sicher, dass die Verantwortlichen der Edeka-Südwest den von
uns dargestellten Sachverhalt gerne bestätigen“, schließt Muttach. Doch
bisher gibt Edeka aus „Wettbewerbsgründen“ selbst keine weiteren Auskünfte.
Autor: Rembert Graf Kerssenbrock
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