Warnstreiks im ÖPNV
Sogenanntes Wegerisiko trägt der Arbeitnehmer
Ortenau Quasi in letzter Minute haben sich die Deutsche Bahn und die Gewerkschaft EVG vergangene Woche vor dem Arbeitsgericht Frankfurt auf einen Vergleich geeinigt und einen 50-Stunden-Warnstreik damit vorerst abgewendet. Ein Ende des Tarifstreits ist allerdings noch nicht in Sicht. Derzeit setzen beide Parteien zwar auf erneute Gespräche in der kommenden Woche. Führen diese aber nicht zum Erfolg, sind weitere Warnstreiks nicht auszuschließen. Dann müssen sich all diejenigen, die mit der Bahn zur Arbeit fahren, eine Alternative einfallen lassen.
Stichwort Zumutbarkeit
"Ein Streik ist kein Grund, der Arbeit fernzubleiben", teilt Tim Schmidhäußler, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Geschäftsführer von Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft in Lahr, auf Anfrage der Guller-Redaktion mit. "Das sogenannte Wegerisiko trägt der Arbeitnehmer." Dabei ist dem Arbeitnehmer fast alles zuzumuten: Taxi, Fahrrad, Mietwagen oder eine Fahrgemeinschaft. "Wäre das Taxi teurer als der Nettolohn an diesem Tag, wäre dies wohl nicht zumutbar", erläutert der Anwalt. Auch im Fall eines Streiks gibt es nach seiner Auskunft kein Recht auf Homeoffice, außer es ist vertraglich vereinbart. Der Arbeitgeber muss keinen Urlaub gewähren. "Wenn es absolut keine zumutbare Möglichkeit gibt, fehle ich unverschuldet. Ich bekomme keine Abmahnung, aber auch kein Geld", so Tim Schmidhäußler.
Christian Kaufeisen, Geschäftsführer der Stadtanzeiger Verwaltungs-GmbH, betont: "Kommt ein Mitarbeiter aufgrund eines Streiks nicht pünktlich zur Arbeit, sind wir kulant. Schließlich ist es ja nicht vorhersehbar, wie konkret sich ein Streik etwa auf die Verkehrslage auswirkt." Sofern möglich und sinnvoll, könne auch von zu Hause aus gearbeitet werden. Das müsse aber je nach Aufgabengebiet genauso unterschiedlich geregelt werden wie beispielsweise Überstundenabbau oder ein kurzfristiger Urlaubstag.
Ausfallkonzepte
Wenn vom pünktlichen Erscheinen am Arbeitsplatz Menschenleben abhängen können, stellt sich die Lage etwas anders dar. Christian Eggersglüß, Pressesprecher des Ortenau Klinikums, kann eventuell besorgte Patienten jedoch beruhigen: "Unsere Beschäftigten sind mit Ausfallkonzepten vertraut, da die Sicherstellung der Patientenversorgung stets absoluten Vorrang hat." Dies betreffe vorrangig die Pflege und den ärztlichen Dienst. "Darüber hinaus ermöglichen unsere Arbeitszeitmodelle flexible Lösungen mit Homeoffice, Überstundenabbau und gleitender Arbeitszeit", so Eggersglüß weiter. Die Anzahl der ÖPNV-Nutzer sei insbesondere im ärztlichen Dienst, vor allem bei den Assistenzärzten in der Ausbildung, groß. "Diese kommen zumeist mit der Bahn aus Freiburg", weiß der Klinik-Pressesprecher.
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