Fußnote
Prosit auf das Alkoholverbot
Ein Gläschen in Ehren, kann keiner verwehren. Wir leben in einem freien Land, da dürfen die Sektkorken nicht nur im stillen Kämmerlein, sondern auch in aller Öffentlichkeit knallen. Der gemeinsame Genuss von Gersten- oder auch Rebsäften wird gerade in unserer Region sogar besonders gerne auf öffentlichen Plätzen zelebriert. Diese Feste haben Tradition, gehören zu den Höhepunkten in den Veranstaltungskalendern und die kommunalen Oberhäupter stechen dabei oft höchstselbst das erste Fass an.
Was für ein Spaß, wenn dabei die Umstehenden eine alkoholische Dusche abbekommen! Meist sind das die Fotografen, die das Ganze für die Zeitungen festhalten möchten. Denn wenn sich die Honoratioren einer Stadt auf dem Marktplatz gut gelaunt mit Freibier zuprosten, dann berichten wir Journalisten keineswegs pflichtschuldig darüber, sondern außerordentlich gerne. Die Leser sollen wissen, welche schönen Feste wir in der Ortenau feiern, wie lecker das hiesige Bier und natürlich auch der Wein schmecken. Da darf der Promille-Pegel ruhig ein bisschen steigen, die Lautstärke ebenfalls. Okay, manchmal übertreibt es der eine oder andere auch und schlägt dann bier- oder weinselig über die Stränge. Schwamm drüber, deshalb lassen wir uns das Feiern nicht verderben.
Etwas völlig anderes scheint es, wenn auf dem selben Marktplatz ein paar arme Schlucker die Flasche mit billigem Fusel kreisen lassen. Furchtbar, wenn dann der Promille-Pegel steigt und mit ihm die Lautstärke. Peinlich berührt wendet sich so mancher rechtschaffene Bürger dann ab. Eltern bringen ihre Kinder in Sicherheit. Vielleicht sind die Zecher ja gefährlich, in jedem Fall aber ein schlechtes Beispiel für den Nachwuchs. Eine solche geistreiche Zusammenkunft wird auch selten in euphorischen Zeitungsartikeln bejubelt. Eher wird da der Frage verärgerter An- und Einwohnern nachgegangen: Was tut die Stadtverwaltung eigentlich dagegen, dass der Marktplatz langsam zum Schandfleck verkommt? Tja, wenn zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe
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Aber nun bekommen die Städte und Gemeinden von unserer Landesregierung eine mächtige Waffe gegen Alkoholgenuss in der Öffentlichkeit in die Hand. Sie können ihn nach eigenem Gutdünken an bestimmten Orten verbieten. Trommelwirbel und Tusch, ich sehe schon die Verbotsschilder. So ein grundsätzliches Verbotsschild gilt dann aber für alle. Der Rathausvorplatz wäre dann für den städtischen Sektempfang für Superstars genauso tabu wie für Obdachlose mit Obstlerflaschen. Vor dem Gesetz sind alle gleich. Oder soll dieser Grundsatz etwa auch geändert werden?
Anne-Marie Glaser
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