Die Glosse im Guller
Heiliges Kanonenrohr oder die Kunst des Teilens

Der Appenweierer Gemeinderat beschäftigt sich am morgigen Montag mit einem nicht alltäglichen Tagesordnungspunkt: Die Kanone, die alljährlich am Volkstrauertag zu Ehren der Gefallenen abgefeuert wird, hat keinen TÜV mehr. Das Hinterladerkanonenrohr (was für ein Wort!) will nicht mehr und muss ersetzt werden. Die Reparatur ist nicht ganz billig: Mehr als 7.000 Euro mögen gerechtfertigt sein für die Arbeitsleistung, sind aber angesichts der Tatsache, dass das Geschütz, Baujahr 1956, nur einmal im Jahr zum Einsatz kommt, kein Pappenstiel.

Zumal eine schnelle Reparatur laut dem Angebot wohl nicht in Sicht ist. Firmen, die Kanonen wieder instand setzen können, gibt es nicht an jeder Ecke. Das Unternehmen stammt vom Mittelrhein und schreitet erst zur Tat, wenn es mehr als eine Kanone vor Ort abholen kann. Keine Ahnung, wie hoch der Bedarf derzeit in der Ortenau ist.

Clevere Lösung

Doch die Appenweierer Verwaltung weiß Rat: In Urloffen steht eine weitere Kanone. Diese wird auch nur einmal im Jahr – am Montag vor Martini – abgefeuert. Die Verwaltung schlägt vor, aus wirtschaftlichen Gründen die Urloffener Kanone für beide Anlässe zu nutzen.
Die Lösung regt die Fantasie an: Wie wird das in Zukunft vonstattengehen? Wird nun der Ehrensalut für die Kriegsopfer künftig nur in Urloffen gegeben oder wird die Kanone nach ihrem großen Moment am Montag vor Martini nach Appenweier gebracht, um dort den Anlass am Volkstrauertag würdevoll zu begleiten? Was wird, wenn die Urloffener sich schlichtweg weigern, ihr gutes Stück zu teilen?

Dann bliebe wohl nur die Reparatur. Ein kleiner Tipp: Einfach mal bei Verteidigungsminister Boris Pistorius anfragen, ob sich im milliardenschweren Sondervermögen für die Neuaufstellung der Bundeswehr nicht auch die paar Euro für Appenweier finden. Man sollte nur verschweigen, dass es sich um Gerät aus den 50ern handelt, sonst wird teurer Ersatz anstelle der Instandsetzung besorgt.

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