Die Glosse im Guller
Achtung vor Elizabeths Lebensleistung

Als überzeugte Verfechterin des Republikgedankens halte ich absolut nichts von Monarchien. Trotzdem berührt mich der Tod der englischen Königin.

Großtante Margarete

Wahrscheinlich hatte Elizabeth II. schon deshalb Sympathiepunkte bei mir, weil sie mit zunehmendem Alter meiner Großtante Margarete aus Achern ähnlich sah, die 101 Jahre alt wurde und die ich sehr mochte. Natürlich trug diese als pensionierte Lehrerin keine Krone. Aber mit entsprechendem Styling wäre Großtante Margarete durchaus als Queen-Double durchgegangen. Vor allem hatten beide Damen das gleiche verschmitzte Lächeln.

Boris Johnson

Egal, welche Katastrophe gerade über Großbritannien oder die königliche Familie hereinbrach – die kleine, alte Dame Elizabeth setzte sich einen ihrer farbenfrohen Hüte auf und arbeitete weiter ihre unzähligen öffentlichen Präsentationstermine ab. Sicher, sie war reich und hatte viele Privilegien. Dafür hatte sie aber auch ein paar echt ätzende Pflichten. Ich hätte jedenfalls keine Lust auf regelmäßige Plauderstunden mit Typen wie beispielsweise dem ehemaligen Premierminister Boris Johnson. Und von wegen mit 67 Jahren in Rente gehen – die Queen hatte schon mehr als 70 Dienstjahre auf dem Buckel und fühlte sich mit 96 Jahren immer noch verpflichtet, jeden Tag zu arbeiten.

Keine Helikoptermutter

Angeblich soll sie keine so tolle Mutter gewesen sein. Aber mal ehrlich, als voll berufstätige Frau mit jeder Menge Abend- und Wochenendterminen sowie ständigen Auslandseinsätzen kannst du nicht auch noch täglich die Hausaufgaben von vier Kindern kontrollieren oder sie jeden Abend in den Schlaf singen. Und ob Helikoptermütter zwingend eine bessere Kindheit garantieren, möchte ich nicht unterschreiben.

König Charles

Ihre vier Sprösslinge rächten sich jedenfalls, indem sie ihrer Mama viele Sorgen machten – Anne und Edward weniger, Charles und vor allem Andrew mehr. Die Queen soll auch keineswegs glücklich über ihren Ältesten als Thronfolger gewesen sein. Aber mit ihrem Tod ist Charly-Boy nun König. Ich glaube, es ist das erste Mal, dass die Briten uns Deutsche um Frank-Walter Steinmeier als Repräsentant beneiden. Doch geben wir Charles eine Chance. Immerhin wurde er 73 Jahre auf den Job als König vorbereitet.
Was die verstorbene Elisabeth II. anbelangt, verbeuge ich mich nicht vor ihr als Königin. Aber ich habe Achtung vor ihrer Lebensleistung als Frau, die ein Vorbild an Pflichtbewusstsein war und mit jeder Faser ihrem Land diente.
Anne-Marie Glaser

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