Betongold ist weniger gefragt

Boom am Immobilienmarkt ist zu Ende

Ortenau Seit vielen Jahren gibt es in Sachen Immobilienpreise in der Ortenau nur eine Richtung: nach oben. Angesichts extrem niedriger Zinsen scheuten sich Bauwillige und Kapitalanleger nicht, Spitzenpreise zu bezahlen. Nachdem die Europäische Zentralbank im Frühjahr die Zinsen erhöht hat, sind auch Baufinanzierungen nicht mehr zum Nulltarif zu haben. Am Donnerstag haben die Währungshüter eine weitere "Jumbo-Zinserhöhung" um 0,75 Prozent auf nun zwei Prozent beschlossen. Doch wie wirkt sich das auf die Nachfrage nach Immobilien aus?

Hypothekenzinsen steigen

"Die Nachfrage nach Immobilien in der Ortenau ist stark zurückgegangen", hat Jürgen Brinkmann, Vorsitzender Haus und Grund Lahr, beobachtet. "Teilweise ist sie fast vollständig zum Erliegen gekommen." Lothar Bächle, Bereichsdirektion Immobilien der Sparkasse Offenburg-Ortenau, stellt fest: "Das Angebot an Immobilien erhöht sich derzeit, was sich wiederum dämpfend auf die Immobilienpreise auswirkt." Denn in der Ortenau hätten sich die Hypothekenzinsen seit Jahresbeginn steil nach oben entwickelt. "Während die Sätze im zehnjährigen und 15-jährigen Bereich zum Jahreswechsel noch bei rund einem Prozent lagen, so sind diese nun auf etwa vier Prozent je nach Zinsbindung und Besicherungsgrad gestiegen", so Bächle. Droht in der Ortenau eine Immobilienblase zu platzen? "Nein, eine Blase mit einhergehendem Preisverfall auf breiter Front sehen wir nicht", so Lothar Bächle. "Es kann Preiskorrekturen geben und je nach persönlicher Situation könnten einzelne Kreditnehmer in Bedrängnis kommen. Insgesamt aber werden Immobilien gefragt und damit der Markt stabil bleiben."
Von einem Einbruch bei der Nachfrage von Immobilien hat die Orbau aus Zell am Harmersbach noch nichts bemerkt, aber: "Unsere Kunden sind in der Regel Kapitalanleger", macht Isenmann deutlich. In diesem Bereich schätzt er, dass sich der Wert der Immobilien durch die Inflation anpasst. Das Unternehmen baut keine Einfamilienhäuser, sondern realisiert Projekte mit mehreren Wohneinheiten und Gebäuden in einem Einzugsgebiet von Grenzach-Wyhlen bis nach Waghäusel bei Karlsruhe. Allerdings registriert die Orbau eine gewisse Zurückhaltung bei den potentiellen Käufern.

Zurückhaltung bei Jüngeren

"Jüngere Menschen, die den Kauf einer Immobilie nur durch Fremdfinanzierung planen, zögern angesichts der Preise", beschreibt Isenmann die Lage. Die Banken würden eine vollständige Fremdfinanzierung nicht mehr erlauben. "Ältere Menschen, die das Eigenkapital haben, sind nach wie vor interessiert", so Isenmann. Bevorzugt würden Immobilien, in denen die Energieversorgung bereits regenerativ ist. "Wir planen keine Projekte mit einer Gasversorgung mehr", macht Isenmann deutlich.
"Unser Problem ist, dass wir bei der Planung und dem Bau von Immobilien mit immer mehr staatlichen Regularien konfrontiert sind, die die Projekte unnötig verteuern", erklärt der Orbau-Geschäftsführer. Dabei werde von Seiten der Politik immer wieder von Vereinfachung gesprochen: "Die Praxis ist eine andere", so Isenmann.
Die Mietpreise in der Region gehen im Gegensatz zu den Immobilienpreisen weiter nach oben, berichtet Jürgen Brinkmann: "Besonders wegen der zum Teil exorbitant angestiegenen Kosten für Energie sind die Nebenkostenvorauszahlungen teilweise schon angepasst worden." Die Nachfrage nach Immobilien in der Ortenau ist stark zurückgegangen, stellenweise ist sie fast vollständig zum Erliegen gekommen" Jürgen BrinkmannRechtsanwalt und Vorsitzender Haus und Grund Lahr