Sibylle Laurischk – energisch und durchsetzungsorientiert
Offenburg. „Nein, ich vermisse die Politik erst einmal gar nicht“, erklärt Sibylle Laurischk,
nimmt einen Schluck Kaffee und lehnt sich entspannt auf ihrem Stuhl
zurück. „Vielleicht kommt der Zustand noch. Aber ich bin mit Spaß
Anwältin und das stelle ich jetzt wieder in den Fokus.“
Drei Legislaturperioden war die 59-Jährige Mitglied des Bundestages. Zweimal
davon war die FDP in der Opposition, einmal an der Regierung beteiligt.
Das bedeutete für Sibylle Laurischk ständiges Pendeln zwischen Berlin
und Offenburg, wo sie auch im Gemeinderat saß. Letzteres war der
dreifachen Mutter wichtig. „Dann behält man die Bodenhaftung“, betont
die Rechtsanwältin. Zusätzlich kamen Ämter wie beispielsweise der
FDP-Kreisvorsitz hinzu. Der Preis dafür war ein 18-Stunden-Arbeitstag:
„Ich habe in einem Maß gearbeitet, das kann sich kaum einer vorstellen.“
Bevor Missverständnisse entstehen, sei hier klar gesagt: Sibylle Laurischk beklagt sich keineswegs. Es ist einfach ein nüchternes Fazit über die Konsequenz, die jemand trägt, der mitgestalten möchte. „Ich will meine Ziele auch erreichen“, erklärt sie selbstbewusst. Als
Pragmatikerin ist ihr dabei bewusst, dass eine Frau, die so energisch
und durchsetzungsorientiert wie sie auftritt, nicht immer auf Gegenliebe
stößt. Auch im eigenen Kreisverband hat sie keineswegs nur Fans. „Ich
bin nicht harmoniesüchtig“, erklärt sie mit einem Lächeln. Dafür ist die
Bilanz ihrer politischen Arbeit positiv: „Ich habe erreicht, was ich
erreichen konnte.“
Auch wenn der Vater Richter war, tendierte die heutige Anwältin mit Schwerpunkt Familienrecht ursprünglich eher dazu, Pharmazie zu studieren. „Chemie hat mich immer interessiert“, erzählt
Sibylle Laurischk. Als Jugendliche jobbte sie in einem pharmazeutischen
Großhandel. Dann weckte jedoch ein sehr engagierter Lehrer am
Oken-Gymnasium ihr Interesse für Geschichte und Gemeinschaftskunde und
lenkte ihre Aufmerksamkeit auf Zusammenhänge zwischen Politik und Recht.
Selbst in die Politik zu gehen, war damals zwar noch kein Thema, aber
es fiel die Entscheidung, Jura zu studieren.
Während ihres Studiums in den 70er-Jahren in Heidelberg schloss sich Sibylle Laurischk
der Frauenbewegung an. „Ich bin zwar nicht in der lila Latzhose
herumgelaufen, aber so ähnlich“, sagte sie. „Wir haben damals die Welt
neu gedacht. Mein Thema war die emanzipierte Frau und alles ist
möglich.“ Diese Zeit hat die Offenburgerin sehr geprägt. Ebenso die
Erfahrungen, die sie während ihres Referats bei der IHK in Südafrika
machte. Vom Bürogebäude, in dem sie dort arbeitete, konnte Sibylle
Laurischk Robben Island sehen, wo Nelson Mandela inhaftiert war. Der
Rassismus, der in dem Land herrschte, erschütterte die junge
Referendarin schwer. „Es gab sogar getrennte Toiletten für Schwarz und
Weiß. Und die waren unterschiedlich ausgestattet“, erinnert sie sich.
Damals gingen gerade die Rassenunruhen los und Sibylle Laurischk war
sehr beeindruckt von hochpolitischen Kirchenleuten, die sie dort selbst
kennenlernen konnte.
Nach dem zweiten Staatsexamen arbeitete sie als Juristin in einem international tätigen
Wirtschaftsprüfungs-Unternehmen in Frankfurt, das Großbanken prüfte.
„Das war eine reine Männerdomäne. Neben den rund 100 männlichen
Mitarbeitern gab es lediglich vier Frauen,“ so die spätere
Bundestagsabgeordnete. Nach drei Jahren beschloss sie, mit ihrem
damaligen Ehemann nach Offenburg zu ziehen. Das Paar wollte Kinder und
diese sollten nicht in der Großstadt aufwachsen müssen.
Für die Juristin öffnete sich nun eine neue Lebenswelt. Innerhalb von vier
Jahren bekam sie drei Kinder und wurde nun auch politisch aktiv.
Auslöser war, dass die Geburtsabteilung im Offenburger Kreiskrankenhaus
geschlossen werden sollte. Damals wurde der jungen Mutter klar, dass sie
sich politisch engagieren muss – erst in einer Bürgerinitiative, später
in der FDP, zunächst auf lokaler, dann auch auf Bundesebene.
Obwohl sie weder für den Bundestag noch für den Gemeinderat mehr kandiert hat,
ist Sibylle Laurischk natürlich weiter ein politischer Mensch. Aber
jetzt hat sie erst einmal das normale Leben wieder. Die Rechsanwältin
hat wieder Zeit für Urlaub und zum Kochen. Und wie Sibylle Laurischk mit
einem Lachen verrät, kann sie endlich sonntags auch mal „Tatort“ schauen.
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