Fußnote
Von wegen Technik-Depp

Es gibt Momente, in denen mich schreckliche Minderwertigkeitsgefühle quälen. Der Mann, mit dem ich Tisch und Bett, aber nicht das Selbstbewusstsein in technischen Dingen teile, behauptet zwar, mir wäre alles zuzutrauen. Aber ich weiß genau, dass ich meine Grenzen habe. Und das einzugestehen, kann sehr entwürdigend sein.
Nie werde ich beispielsweise das demütigende Gefühl vergessen, als meine damals dreijährige Tochter für mich den Staubsaugerstecker in die Steckdose stecken musste. Im Gegensatz zu mir hatte sie nämlich keine Probleme, die Kindersicherung zu überwinden.
Nun bin ich nicht gerade ein Technik-Depp. Doch als der liebe Gott die Talente unter den Menschen verteilte, habe ich in Sachen technisches Interesse und Verständnis eher eine kleinere Portion abbekommen. Wenn in diesem Bereich etwas nicht funktioniert, gehe ich deshalb automatisch erst einmal davon aus, selbst etwas falsch gemacht zu haben. So auch, als ich mich nicht im App Store anmelden konnte.
Ich habe ein I-Phone, mit dem ich telefoniere, maile, auf Facebook poste und simse. Letzteres ist inzwischen wohl völlig überholt. Immer öfter erntete ich ungläubige Blicke, wenn ich jemandem sagte, dass er mir doch eine SMS schicken könne. Zuerst habe ich nicht gemerkt, wie die Leute deshalb hinter meinem Rücken tuschelten. Schließlich sprach eine mir freundschaftlich verbundene Nachbarin sehr zartfühlend mein peinliches Manko an und fühlte vorsichtig vor, warum ich denn nicht Whats App nutze.
Nun mag ich vielleicht keine Vorreiterin sein, aber ich verweigere mich dem Fortschritt keineswegs. Also machte ich mich kundig, fand heraus, dass ich mich zuvor beim App Store anmelden muss, unternahm die notwendigen Schritte und scheiterte. Unzählige Male ging ich alles von Neuem durch, nur um festzustellen: Es geht nicht!
Ja, ich habe mich schrecklich geschämt, als ich an die Tür unserer Geschäftsführerin klopfte. Würde sie mich noch als Mensch respektieren, wenn ich ihr mein Versagen gestanden hatte oder sich mit Abscheu abwenden? Tatsächlich lächelte sie zwar ein wenig süffisant, da meine Chefin aber eine gutherzige Frau ist, ging sie mit mir alle Schritte der Anmeldung durch. Und man höre und staune: Hi, hi, es ging nicht!
Es gibt schönere Dinge, als in der Warteschleife einer Support-Hotline zu stecken. Irgendwann meldete sich jedoch ein lebendiger Mensch, der einen Zauberknopf drückte und ich war drin. Vor allem sagte er aber einen Satz, den ich gerne mit allen teilen möchte, die ebenfalls unter einem technischen Minderwertigkeitsgefühl leiden: "Sie haben alles richtig gemacht, es war ein technisches Problem!"
Anne-Marie Glaser

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.