Fußnote
Von Prinzen und Rentnern
Prinz Philip ist in London mit einer Parade in den Ruhestand verabschiedet worden. Im Alter von 96 Jahren sei ihm das nun wirklich gegönnt. Immerhin hat er über 65 Jahre den Grüß-Gott-August an der Seite seiner königlichen Ehefrau gegeben. Ach was, das stimmt ja gar nicht. Als Prinzgemahl der Queen muss er ja immer einen Schritt hinter ihr gehen.
Philip repräsentierte die Krone aber ebenfalls oft alleine. Um genau zu sein: bei sage und schreibe 22.219 Solo-Terminen. Da wird im Königshaus exakt Buch geführt. Schließlich verlangt das britische Volk eine gewisse Gegenleistung von den Mitgliedern der Königsfamilie, die es sich für teuer Geld im goldenen Käfig hält. Also durchschnitt der Prinzgemahl ebenso als Repräsentant brav Bänder, enthüllte Tafeln und schüttelte Hände. Es gibt wahrlich schlimmere Jobs, aber so richtig spannend ist das als Hauptbeschäftigung für einen ehemaligen Soldaten nun auch wieder nicht. Philip versüßte sich deshalb gerne mal einen Auftritt augenzwinkernd mit bitterbösen Bemerkungen. Die einen fanden das skandalös, die anderen lustig. Aber er nennt die britische Königin privat ja auch Würstchen, was jetzt ebenfalls wenig respektvoll klingt. So ist er halt, der Philip. Man hat sich im Laufe der Jahre an ihn gewöhnt. Und jetzt hat er sich ohnehin zurückgezogen, will höchstens ab und an noch seine Frau begleiten.
Diese macht mit ihren 91 Jahren noch tapfer weiter. Aus Altersgründen abdanken ist in Großbritannien für Monarchen ohnehin nicht üblich. Da gilt Pflichterfüllung bis aufs Sterbebett. Tatsächlich nötigt es schon Respekt ab, wie die alte Dame in ihrem hohen Alter immer noch mit der fast ein Kilo schweren Krone das Parlament eröffnet oder bei Gartenpartys unermüdlich Smalltalk hält.
Allerdings ist sie in Großbritannien keineswegs die einzige, die lange über das übliche Rentenalter hinaus arbeitet. Das gilt genauso für so manchen in Deutschland. Für diese Menschen ist das allerdings in aller Regel weniger eine Frage der Ehre, sondern mehr der finanziellen Not. Manche Rente reicht nämlich vorne und hinten nicht. Da bleibt nichts anderes übrig, als noch weiter hinter der Ladentheke zu stehen, Mäntel an einer Theatergarderobe entgegenzunehmen oder sich auf andere Art und Weise etwas Geld dazuzuverdienen. Leider bekommen sie nicht so viel Aufmerksamkeit, dabei hätten sie diese mehr verdient als die Queen und ihr Philip.
Anne-Marie Glaser
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