Sonntagsporträt
Gunter Harder-Knoops Gespür für das Allgemeinwohl
Offenburg. Seit dem 28. November 2018 ist er der neue Leiter vom Weißen Ring Ortenaukreis, doch Mitglied bei Deutschlands größter Hilfsorganisation für Kriminalitätsopfer und ihre Familien ist Gunter Harder-Knoop bereits seit 35 Jahren. „Soweit ich weiß, gibt es keinen Mitarbeiter, der schon länger beim Weißen Ring ist als ich", sagt er, ganz lapidar, in einem Nebensatz. Wozu auch Aufhebens davon machen – ehrenamtliches Engagement sei nichts Besonderes, es sei einfach Teil seines Lebens.
Weißer Ring
Warum ausgerechnet der Weiße Ring? „Das liegt unter anderem an meinem Berufsleben. Während meiner Zeit im Bundesamt für Justiz und später beim Bundesgerichtshof hatte ich Einblick in unzählige Strafakten, und da standen eben immer die Täter im Fokus, nie die Opfer. Doch gerade diese leiden oft ein Leben lang unter den Folgen, brauchen dringend Hilfe", erzählt der 73-jährige Oberamtsrat a.D. Also hilft er eben.
Ehrenamt
Beim Weißen Ring Ortenaukreis erst seit 2010, seit seinem Ruhestand. Die Jahre zuvor engagierte er sich in den Bereichen Berlin und Karlsruhe. „Nach der Ausbildung in der Steuerverwaltung im gehobenen Dienst führte mich mein Weg nach Berlin. Dort arbeitete ich unter anderem beim Senator für Inneres auf dem Gebiet Personalwesen und beim Bundesverwaltungsgericht. Zwischendurch war ich außerdem beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge tätig", fasst Gunter Harder-Knoop die wichtigsten Stationen seiner Berliner Karriere zusammen.
Bundesgerichtshof
Nach gut 17 Jahren in der Hauptstadt kehrte er 1984 wieder zurück in die badische Heimat, nach Achern. Seine berufliche Heimat wurde der Bundesgerichtshof in Karlsruhe, wo er sich über zehn Jahre auch als Personalratsvorsitzender engagierte. Die Frage, woher er sich dann noch die Zeit für sein Engagement beim Weißen Ring nehmen konnte, erstaunt Harder-Knoop etwas. „Na, abends natürlich, das ist für berufstätige Ehrenamtliche normal." Um gleich darauf zuzugeben: „Ich bin sehr dankbar, dass meine Frau das Spiel mitgemacht hat und noch immer mitmacht."
Kürzertreten kann und will er noch lange nicht
Diese Aussage ist umso verständlicher, wenn man weiß, dass Harder-Knoop nicht nur Leiter beim Weißen Ring Ortenaukreis ist. Er gehört auch dem Präsidium des Mittelbadischen Sängerkreises an und ist bei dessen Gruppe Süd mit immerhin 37 Vereinen der Vorsitzende! Kurz durchatmen und nachfragen: Ist das nicht ein bisschen viel Arbeit? Manchmal, aber meist ist es viel Freude: „Ich arbeite halt gern mit Menschen, ich kann auf Menschen zugehen und will sie für eine gute Sache begeistern. Das treibt mich an", erklärt Harder-Knoop seine Leidenschaft. Dabei ist er auch aktiv mit von der Partie: In zwei Chören – Kirchenchor Önsbach und Acherner Liedertafel – singt er regelmäßig mit, zur Zeit auch beim Sängerbund Gamshurst für das Musical „Les Misérables".
Liebe zur Musik
Die Liebe zur Musik hat dem Tenor übrigens auch die Liebe seines Lebens beschert: Bei der Acherner Liedertafel lernte er vor gut 20 Jahren seine heutige Frau Christine kennen, eine „hervorragende Sopranistin", wie er stolz sagt. Für beide sei das Singen eine wunderbare Art zu entspannen, ein Ausgleich für die seelisch belastende Tätigkeit beim Weißen Ring, wo sich Christine Knoop ebenfalls engagiert. Deshalb habe sie auch Verständnis, dass er selbst im Ruhestand noch einen „unbezahlten Halbtagsjob" ausübt. Denn als Leiter vom Weißen Ring leistet Harder-Knoop nicht nicht nur Opferhilfe, sondern hat auch viele repräsentative Aufgaben.
Netzwerke
Netzwerke pflegen und mit Vorträgen Überzeugungsarbeit leisten, gehörten zu seinen wichtigsten Aufgaben, erzählt er. Und dass er froh sei, jetzt mehr Zeit für den Weißen Ring zu haben. Lange Urlaubsreisen würden ihn sowieso nicht reizen, zwei Wochen genügten völlig. Seine Frau und er lieben die klare Frische der Ostsee auf Rügen und Usedom, einmal pro Jahr zieht es sie nach Berlin, „alte Freundschaften pflegen".
Schauspiel-Karriere
Das große Engagement hält Harder-Knoop jung – mit einem feinen Lächeln erzählt er zum Schluss noch von seiner „Schauspiel-Karriere" als Komparse: In zehn Tatorten ist er mit Hauptkommisarin Lena Odenthal alias Ulrike Folkerts aufgetreten. Neben Beruftstätigkeit, neben Ehrenamt. Für Gunter Harder Knoop ist Engagement eben keine Zeitfrage. Gabriele Ritter
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