Sonntagsporträt: Dr. Jens Martin Zeppernick

Es geht um die Frage: "Was ist gerecht?"

Offenburg Auch wenn er in Hamburg geboren wurde, Dr. Jens Martin Zeppernick, Präsident des Landgerichts Offenburg, fühlt sich als Rheinländer und inzwischen auch als Badener. "Ich bin in Bonn aufgewachsen", erzählt der 52-Jährige. Sein Studium brachte ihn nach Baden-Württemberg: Bis zum ersten Staatsexamen war er an der Universität Konstanz eingeschrieben, anschließend zog es ihn fürs Referendariat nach Freiburg. "Ich bin der erste Jurist in der Familie", sagt er. Er schwankte nur kurz zwischen Medizin und Jura. "Bei Jura geht es um das Zusammenleben der Menschen. Wir beschäftigen uns mit der Frage: Was ist gerecht? Das ist nie trocken." Bei dieser Suche nach Gerechtigkeit helfen zu dürfen, ist für ihn ein Privileg.

Das Thema lautete Lehre oder Praxis?

"Am Anfang war ich mir nicht sicher, ob ich in die Praxis oder die Lehre gehen sollte", erinnert er sich zurück. Ein Professor half ihm bei der Entscheidung, indem er ihn fragte: "Sind Sie lieber in einem Zimmer voller Bücher oder voller Menschen?" Die Antwort fiel, ohne zu zögern, zugunsten der Menschen und damit für den Gerichtssaal aus. Im Richterberuf seien viele Talente gefragt, aber vor allem müsse man den Menschen zugewandt sein. "Das gilt insbesondere auch bei uns im Zivilrecht", betont er. Oftmals sei ein Vergleich zwischen den Parteien besser als ein Urteil. "Gute Entscheidungen sind meist nicht schwarz oder weiß, sondern grau", beschreibt er. Allerdings müssten sich dafür beide Seiten auf einen Kompromiss einlassen.

Die Entscheidung, Richter zu werden, habe er nie bereut. " Baden-Württemberg hat eine sehr gute Justiz", ist sich der Landgerichtspräsident sicher. "Wir haben ein System ohne Korruption, und auch international können wir uns mit der deutschen Justiz sehen lassen." Auch wenn die Entscheidung damals für die Praxis fiel, ganz verzichtete er nicht auf die Lehre. "Ich war sieben Jahre Rektor an der Hochschule für Rechtspflege in Schwetzingen", verrät er. Diese befindet sich im dortigen Schloss, und er sagt mit einem Augenzwinkern: "Meine Kinder dachten, es sei mein Schloss, und ich habe sie in dem Glauben gelassen." Rechtspfleger auszubilden, habe ihm Freude gemacht.

Expertise auch international gefragt

Nicht nur national war seine juristische Expertise gefragt: "Ich habe eine Zeit lang in Brüssel als Vertreter des Bundesrats in einer Ratsarbeitsgruppe, die sich mit dem geistigen Eigentum befasst, mitgearbeitet." Dazu zählten sowohl Urheber- und Patentrecht. "Ich bin überzeugter Europäer", so Zeppernick. "Die Europäische Union ist ein großes Glück für uns alle, denn sie hat uns 70 Jahre Frieden beschert."

Jens Martin Zeppernick pendelt zwischen seinem Wohnort Mannheim und Offenburg: "Bei vier Kindern ist es nicht einfach, den Wohnsitz zu wechseln." Lange engagierte er sich als Kirchenältester in seiner Heimatstadt und war Vorsitzender der Disziplinarkammer der badischen Landeskirche: "Aus Zeitgründen habe ich meine Ämter aufgegeben." Einer Leidenschaft frönt der Jurist jedoch von Kindesbeinen an, auch wenn ihm die Zeit manchmal fehlt: " Ich zaubere", verrät er. Vor allem die Mentalmagie hat es ihm angetan: "Dabei steht die Kommunikation mit dem Publikum im Mittelpunkt." Ganz ohne Juristerei kommt dieses Hobby aber nicht aus: "Ich war viele Jahre Vorsitzender des Schiedsgerichts das Magischen Zirkel Deutschlands", sagt er mit einem Lächeln.