Der neue Polizeipräsident Jürgen Rieger
Ein Mann mit Gestaltungswillen
Offenburg. Seit 1. Juni ist er Polizeipräsident: Jürgen Rieger kam 2020 als "Vize" nach Offenburg und freut sich, dass er nun die Nachfolge von Reinhard Renter antreten durfte. Denn Rieger ist ein Mann, der etwas gestalten möchte und die neue Position bietet gute Voraussetzungen dafür.
Geboren wurde er in Stuttgart, aber: "Ich lebte nur die ersten beiden Jahre dort." Aufgewachsen ist er in einem Dorf nahe Freudenstadt. "Dort wohne ich heute noch", so Rieger und ergänzt: "So nahe wie mit Offenburg war ich in meinem ganzen Berufsleben noch keiner Dienststelle."
Schon früh entschied er sich für die Polizei. "Ich hatte als einziger eine Gymnasialempfehlung und wollte dort gar nicht hin", erinnert er sich an seine Jugend. Denn alle seine Freunde besuchten andere Schulen. Mit 16 Jahren entschied er sich gegen das Abitur und für die Bewerbung im mittleren Polizeidienst. "Mein Onkel war Polizeihauptmeister in Calw und meinte, ich sollte es probieren. Ich habe es probiert, dann war ich dabei und ich habe es genossen. Es gibt kaum einen spannenderen und abwechslungsreicheren Beruf", schwärmt Rieger. Ganz klar: Der Mann ist mit Leib und Seele Polizist. Nur eines ärgerte ihn im Nachhinein: "Es wäre wahrscheinlich besser gewesen, zunächst das Abitur zu machen und mich dann bei der Polizei zu bewerben. Die Chancen für einen direkten Einstieg im gehobenen Dienst wären bedeutend größer gewesen."
"Ich wechselte von Stuttgart, wohin ich mich freiwillig beworben hatte, nach Horb am Necker", so Rieger. "Da habe ich die Ermittlungs- und Fallbearbeitung gelernt. Während in einer Großstadt die Herausforderung in der Masse der Einsatzbewältigung liegt, steht in einem ländlich strukturierten Revier die Fallbearbeitung im Fokus." In dieser Zeit, betont er, habe er erfahren, wie wichtig Kommunikation ist: "Ich war mal alleine auf einem Rockertreffen und der Chef der Rocker sagte am Schluss zu mir: 'Wenn Du jetzt nicht aufhörst zu labern, dann fange ich an zu weinen.'"
Die Lage immer fest im Blick
Nach seinem Aufstieg in den höheren Dienst arbeitete Jürgen Rieger ein Jahr im Lagezentrum der Landesregierung im Innenministerium in Stuttgart. "Dort wird alles koordiniert, was im Land läuft", so Rieger. Er erinnert sich, wie die Schutzmaßnahmen gegen BSE im Land anliefen. "Ich bekam viele böse Briefe, als wir im Lebensmittelhandel die Fleischtheken ausräumen mussten", denkt er zurück. Nach einem Wechsel nach Pforzheim kehrte er nach drei Jahren ins Innenministerium zurück. Er blieb länger als geplant und arbeitete unter anderem an der Polizeistrukturreform mit. Für den Verkehrsdienst zuständig setzte er sich dafür ein, dass bei einer Unfallaufnahme genauso Spezialisten eingesetzt werden wie bei einem Kapitalverbrechen. "Wir haben mehr Verkehrstote als Morde im Land", erklärt er die Notwendigkeit aus seiner Sicht. Als Leiter des Lagezentrums erlebte er sowohl die Einsätze bei Bundesligaspielen als auch zuvor im Einsatzreferat Stuttgart 21 hautnah mit. Nach 15 Jahren wechselte er nach Offenburg. "Auch wenn es spannend war, ich wollte nicht bis zu meiner Pensionierung dortbleiben", stellt er mit einem Grinsen fest.
Sein Ruhepol war und ist die Familie, selbst wenn die drei Kinder längst flügge sind. In seinem Heimatort brachte er sich ein: "Ich war vielfältig im Fußballverein engagiert, unter anderem habe ich die Jugendmannschaft betreut." Da seine Frau Bildhauerei studierte und Kunstlehrerin ist, hat sie seine Begeisterung für Architektur geweckt. "Ich lese viel und habe immer noch mein Abo für das Staatstheater in Stuttgart", zeigt Rieger eine andere Seite von sich. Zudem hat er sich nach einem Volkshochschulkurs zu einem leidenschaftlichen Golfer entwickelt. Und wie er schon bei seiner Amtseinführung verriet, hat er eine Schwäche für James Bond. "Ich liebe den trockenen Humor und so mancher Satz aus den Filmen hat sich zu einem geflügelten Wort zwischen meiner Frau und mir entwickelt."
Sein Interesse an der Architektur kommt ihm nun zugute. In Kehl laufen die Planungen für ein neues Revier: "Dabei geht es darum, eine neue Arbeitswelt für die Kollegen zu realisieren", stellt er erneut seinen Willen zur Gestaltung unter Beweis.
Christina Großheim
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