Nicolas Uhl aka Drive-By
"Aus einer Schwäche eine Stärke gemacht"

Nicolas Uhl begeistert unter seinem Pseudonym Drive-By die Rapfans.  | Foto: Michael Bode
  • Nicolas Uhl begeistert unter seinem Pseudonym Drive-By die Rapfans.
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Offenburg. Anfang August mischte er mit seinen Freunden den Offenburger Lindenplatz auf: Nicolas Uhl aka Drive-By ist Rapper aus Leidenschaft. "Eigentlich feiere ich meinen Geburtstag im April immer mit einem Konzert mit Rapmusik im 'Kessel'", erzählt der 29-Jährige. In diesem Jahr fiel es aufgrund der Corona-Verordnungen aus. "Wir hatten alle Lust auf Auftritte", sagt Uhl. Gemeinsam mit Rezan Mamkalo von MoJo Entertainment wurde der Auftritt im Rahmen von "Sommer in der Stadt" geplant. Am Ende konnte das Publikum einen Einblick in die bunte Hip-Hop-Szene der Stadt bekommen. "Das war ein echtes Heimspiel", stellt Nicolas Uhl fest. "Es war toll, dass die Jungs und Mädels, die sonst nur im Kessel auftreten, ein anderes Publikum ansprechen konnten."

Der gebürtige Rammersweierer ist kein Rapper wie die anderen, denn er sitzt im Rollstuhl. "Ich bin kleinwüchsig", erklärt Nicolas Uhl. "Ich bin damit aufgewachsen." Dementsprechend selbstverständlich geht er mit seiner Behinderung um. Er besuchte den Kindergarten und die Grundschule in Rammersweier und das Schiller-Gymnasium in Offenburg. Die Schulen richteten sich auf ihn ein: "In der Grundschule wurde damals einfach eine Rampe für mich angebracht", erinnert sich Uhl. "Meine Klassenzimmer lagen im Erdgeschoss und am regulären Sportunterricht konnte ich nicht teilnehmen. Manches erledigte ich in einer abgewandelten Form. So habe ich Klassenarbeiten und Klausuren eben mit dem Laptop geschrieben."

Ausgegrenzt gefühlt hat er sich nie: "Die Frage, ob ich irgendwohin mitkomme, hat es nie gegeben. Es war normal, dass ich dabei war." Er absolvierte den Bundesfreiwilligendienst beim Verein Leben mit Behinderung Ortenau und entschied sich für das duale Studium Public Management an der Hochschule Kehl. "In meinem Bundesfreiwilligendienst wurde mir klar, dass mir die Verwaltung liegt. Aber ich wollte auf jeden Fall auch in den sozialen Bereich und mit Menschen arbeiten." Heute arbeitet er als kommunaler Inklusionsbeauftragter.

Aus einem Zuhörer wurde ein Musiker

Rap war und ist seine Musik. "Gehört habe ich ihn schon lange, aber mit 15 Jahren bin ich richtig in die Hip-Hop-Kultur eingestiegen", so der Musiker. Dabei gilt seine Liebe den Songs und Interpreten, die die Szene in den 1990er-Jahren prägten. "Old School", sagt Uhl und grinst dabei. Mit 16 wurde er ein leidenschaftlicher Besucher der Konzerte: "Ich war oft im 'D.O.G.' in Lahr", so Uhl.

Selbst als Musiker einzusteigen, war nicht sein Ziel. Diese Idee entstand, als ein Absolvent der Hochschule Offenburg eine Dokumentation über ihn drehte. "Ich wollte damals Beats produzieren und er kannte sich aus", erzählt er. Also bekam der künftige Rapper einen Crashkursus und eine Freundschaft entstand. "Mir wurde schnell klar, dass ich viele meiner Ideen und Vorstellungen nicht umsetzen konnte, das war einfach zu komplex", schildert Nicolas Uhl die Entwicklung.

Talent zum Rappen entdeckt

Allerdings fiel seinem Freund auf, dass er Talent zum Rappen mitbrachte. "Du kennst die Texte, du hast das Temperament dazu und du hast Flow. Warum rappst Du nicht selbst?", stellte er Nicolas Uhl die entscheidende Frage. Seine Sorge, dass seine Stimme zu hoch sei, wurde zur Seite gewischt: "Das ist doch gerade das Interessante, dass Du nicht wie alle klingst." Das war die Geburtsstunde des Deutsch-Rappers Drive-By. "Mein Alias leitet sich von den amerikanischen Drive-By-Shootings ab", so Uhl. Durch seinen Rollstuhl bekommt der feststehende Rapausdruck eine neue Bedeutung. Eine Ironie, die auch die Großen ihrer Zunft zu würdigen wissen.

Wie schnell er Erfolg hatte, überraschte den Offenburger trotzdem. "Ich hatte den ersten Song in den sozialen Medien gepostet und nach einer Woche schon 1.000 Aufrufe." Es enstand das erste Album und im Offenburger "Kessel" gab Drive-By die ersten Konzerte. "Ich kann ja kein Mikro halten, also kaufte ich mir ein Headset, von dem ich dachte, es werde schon reichen für kleine Räume", erzählt er von den Anfängen. Kaum war die Technik eingeweiht, wurde er für eine große Halle gebucht. "Durch meine Behinderung, die auch in meinem Song thematisiert wird, habe ich einen Wiedererkennungswert", stellt Nicolas Uhl fest. "Ich habe aus einer Schwäche eine Stärke gemacht." Christina Großheim

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