Vor 20 Jahren begann die Erfolgsgeschichte – jetzt wurde das Jubiläum gefeiert
Die „Gestufte Ausbildung": Schritt für Schritt zum Ziel

Von links: Horst Sahrbacher, Justin Utz, Pierre Kurtz, Landing Jatta, Hans-Joachim Ramp und Daniel Drancourt | Foto: Agentur für Arbeit
  • Von links: Horst Sahrbacher, Justin Utz, Pierre Kurtz, Landing Jatta, Hans-Joachim Ramp und Daniel Drancourt
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Offenburg (gr). Mit Blick auf die positive Entwicklung kann Horst Sahrbacher, Vorsitzender der Geschäftsführung Agentur für Arbeit, voller Stolz zurückblicken auf die Anfangszeiten des Offenburger Projekts „Gestufte Ausbildung". Das Konzept wurde 1999 von der Agentur für Arbeit Offenburg zusammen mit Kammern, Gewerkschaft, Arbeitgeberverband, beruflichen Schulen und der Jugendberufshilfe Ortenau e.V (JBH) entwickelt. 1999, als es noch einen Bewerberüberhang für offene Stellen gab und keinen Fachkräftemangel, mussten Betriebe davon überzeugt werden, Jugendlichen mit eher geringem Reifegrad, dafür mit viel Förderbedarf eine Chance zu geben. „Klinken putzen, viele Gespräche und noch mehr Vertrauen in eine ungewisse Sache waren notwendig", erinnern sich die „Männer der ersten Stunde" – Dr. Manfred Arendt, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Offenburg im Ruhestand, Christian Ramm, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Freiburg, Hartmut Möller, IHK im Ruhestand, Jürgen Höfflin, DGB, und Werner Noltenhans, Teamleiter der Berufsberatung im Ruhestand.

Doch die Mühe hat sich mehr als gelohnt, wie die jetzigen Geschäftsführenden Vorstände der Jugendberufshilfe Hans-Joachim Ramp und Daniel Drancourt berichten können. Seit 1999 haben insgesamt 909 Azubis in der „gestuften Ausbildung" teilgenommen. Davon haben 779 die Ausbildung bereits beendet, 130 befinden sich noch in der Ausbildung. 67 Prozent haben einen erfolgreichen Abschluss mit zweijähriger, dreijähriger oder 3,5-jähriger Ausbildung in der Tasche. Nur 19 Prozent haben abgebrochen. Positives Ergebnis für die Betriebe: insgesamt 606 neue Facharbeiter. Neun Schulungsstätten gibt es im Ortenaukreis, in denen Nachwuchs für Metall- und Bauberufe, für den Einzelhandel, die Gastronomie und die Lagerlogistik ausgebildet werden. „Das Konzept mit Grundstufe und Fachstufe ist einzigartig", betont Daniel Dancourt, „nach einer zweijährigen Grundaussbildung mit einem ersten anerkannten Berufsabschluss folgt in der Fachstufe nach einem weiteren beziehungsweise nach 1,5 Jahren ein Abschluss in einem anerkannten Berufsabschluss." Die gesamte Ausbildung erfolgt im dualen System, die Ausbildungsbetriebe verpflichten sich, nach der Grundstufe, sofern die Prüfung bestanden wurde, auch die Ausbildung in der Fachstufe durchzuführen. Die Azubis wiederum verpflichten sich, während der Ausbildungszeit am Stützunterricht der JBH teilzunehmen und zur aktiven Mitarbeit in Kooperation mit Betrieb, Schule und der JBH. Die sozialpädagogische Unterrichtung und Betreuung sei enorm wichtig, und zwar während der gesamten Ausbildungszeit, sagt Kuno Eggert von der Jugendberufshilfe. Die Finanzierung übernehmen dabei die Agentur für Arbeit Offenburg beziehungsweise die Kommunale Arbeitsförderung des Ortenaukreises, die sich seit 2005 am Modell beteiligt.

„Das Motiv von 1999, auch leistungsschwächere Jugendliche nach und nach ins Berufsleben zu führen, ist 2019 aktueller denn je", sagt Andreas Volkert, Geschäftsführer der Badischen Stahlwerken. Er weiß, dass in vielen Fällen die Anforderungen der Betriebe und die Qualifikationen der Schulabgänger weit auseinanderklaffen – in Anbetracht des Fachkräftemangels müssten die Ausbildungsbemühungen intensiviert werden. Ob es nun französische Jugendliche ohne Deutschkenntnisse seien oder junge Flüchtlinge: Ohne gezielte Nachilfe, auch in Sachen Fachvokabular, gebe es sicherlich deutlich weniger erfolgreiche Ausbildungsabschlüsse.

Wie wertvoll die „Gestufte Ausbildung" ist, konnten gleich drei Projektteilnehmer vor Ort erzählen. Der Franzose Pierre Kurtz begann 2013 seine Ausbildung bei den Badischen Stahlwerken, 2016 war er Bundessieger. Heute arbeitet er als Verfahrensmechaniker bei den Badischen Stahlwerken, das tägliche Pendeln von 40 Kilometern nimmt er gern in Kauf: „Ich arbeite in einer tollen Atmosphäre, außerdem verdiene ich besser als in Frankreich." Pendeln muss auch Landing Jaffa aus Gambia. Er lebt in Gengenbach und arbeitet in Schwanau als Industriemechaniker bei der Firma Herrenknecht. Er ist erst 2014 nach Deutschland gekommen, ohne die Förderung und Betreuung durch die Jugendberufshilfe wäre er, nach eigenen Aussagen, niemals so schnell so weit gekommen. „Sprachnachhilfe will ich weiterhin", betont er. Die individuelle Betreuung weiß auch Justin Utz, Azubi bei Vogel-Bau, zu schätzen. Er steht kurz vor dem Abschluss zum Straßenbauer und freut sich auf die Möglichkeiten, die ihm ein anerkannter Berufsabschluss bietet.

Feiern erlaubt: Die „Gestufte Ausbildung" ist nicht nur Vorbild für die seit 2015 bundesweite „Assistierte Ausbildung". Seit kurzem, so Horst Sahrbacher, gibt es das Offenburger Original als „Gestufte Ausbildung" auch in Osnabrück.

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