Psychologische Beratungsstelle

Niederschwelliges und kostenloses Angebot

Lahr (ds). Bereits in den 50er-Jahren wurde in Lahr die erste Psychologische Beratungsstelle im Ortenaukreis eingerichtet. Damals wie heute ist sie Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche sowie deren Erziehungsberechtigte, die Hilfe benötigen, sei es bei Fragen der Entwicklung oder Erziehung, bei Verhaltensauffälligkeiten und familiären Konflikten, bei Problemen in Kindertagesstätten und Schulen, bei sozialen und emotionale Problemen sowie bei Gewalt. In 2.500 Fällen wurden im vergangenen Jahr in der Ortenau die Hilfe der insgesamt fünf Psychologischen Beratungsstellen in Anspruch genommen, 550 Einzelfallberatungen waren es allein in Lahr.

Fachteams

"Pro Fall werden im Durchschnitt drei Personen beraten", erläutert Ullrich Böttinger, Amtsleiter Soziale und Psychologische Dienste im Landratsamt. Einen großen Bereich würde dabei die Beratung in allen Fragen zum Thema Trennung und Scheidung darstellen. Fachteams aus Psychologen, Psychologischen Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten sowie Fachkräfte der sozialen Arbeit und der Heilpädagogik nehmen sich der Hilfesuchenden an. Der Bedarf steigt kontinuierlich.

"In Lahr verzeichnen wir von 2014 bis 2018 einen Zuwachs von zehn Prozent", berichtet Birgit Rohfleisch, seit 2017 Leiterin der Psychologischen Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche in Lahr, im Gespräch mit der Redaktion. Als Gründe nennt sie zum einen die vielfältigen gesellschaftlichen Veränderungen und Situationen, die Menschen unter Druck setzen. "Zum anderen ist es mittlerweile gesellschaftlich auch anerkannt, Hilfe in Anspruch zu nehmen", weiß Rohfleisch. Außerdem arbeite man eng mit Kindergärten, Schulen und auch Ärzten zusammen, die im Bedarfsfall an die Beratungsstelle verweisen würden.

Beratung

Das niederschwellige Angebot ohne Überweisung oder Kosten, wird quer durch alle sozialen Schichten in Anspruch genommen. "Manche melden sich selbst an, andere kommen auf Empfehlung", erläutert die Beratungsstellenleiterin. Sechs Prozent der Selbstanmelder im vergangenen Jahr in Lahr waren Jugendliche ab 14 Jahren. "Sie haben einen Rechtsanspruch auf Beratung in Krisensituationen und auch über einen längeren Zeitraum ohne Einverständnis der Eltern ", erklärt sie. 66 verschiedene Gründe für Beratungen führt die Lahrer Statistik 2018 auf. Mit 14 Prozent waren Trennung und Scheidung der Hauptgrund, gefolgt von Auffälligkeiten im Sozialverhalten, emotionalen Problemen, Erziehungsunsicherheit und schwierigen Familiensituationen. "Oft sind es mehrere Gründe, die der Beratung zugrunde liegen", so Rohfleisch.

Neben der Einzelfallberatung ist die Psychologische Beratungsstelle außerdem für die Beratung von Institutionen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, zuständig. "Fachkräfte können bei uns Rat einholen, etwa Erzieherinnen eines Kindergartens, wenn sie nicht mehr wissen, wie sie mit einem herausforderndem Verhalten eines Kindes umgehen sollen", erläutert die Leiterin Birgit Rohfleisch. Bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung seien die Erzieher sogar verpflichtet, die Psychologische Beratungsstelle zu einer Gefährdungseinschätzung hinzuzuziehen.

Zehn Mitarbeiter

Derzeit zählt die Psychologische Beratungsstelle in Lahr zehn Mitarbeiter. "Wir sind zuständig für den alten Landkreis Lahr, also von Schuttertal bis Rust und von Schwanau bis Friesenheim", so die Leiterin. Leider schaffe man es nicht immer, ein Erstgespräch innerhalb von zwei bis drei Wochen anzubieten. "Aus Kapazitätsgründen können wir unsere eigenen Qualitätsstandards nicht einhalten", bedauert sie. Das Gesundheitssystem und auch die Jugendhilfe würden, was den Bedarf angehe, derzeit an ihre Grenzen stoßen.