Kommandant Viktor Liehr beklagt fehlendes Verständnis für die Arbeit
Kehler Feuerwehr denkt über Sichtschutz gegen Gaffer nach
Kehl (st). Freunde und Angehörige von Unfallopfern treffen manchmal schon vor den Rettungskräften am Unfallort ein; Unfälle, Verletzte, Tote werden mit Handys gefilmt, Filme über Feuerwehreinsätze sind schon online, bevor die Feuerwehrleute nach Einsatzende wieder in der Wache sind. „Oftmals kommen so viele, dass man schon Einsatzkräfte abstellen muss, die sich um die kümmern, die helfen oder ihre Neugier befriedigen wollen“, weiß der Kehler Feuerwehrkommandant. Die Feuerwehr Appenweier hat sich bereits einen Sichtschutz gekauft – „das wird bei uns auch kommen“, schätzt Viktor Liehr, der sich wünscht, dass „Persönlichkeitsrechte wieder respektiert werden und die Feuerwehr ihre Arbeit machen kann“. Wer bei den Einsätzen live dabei sein möchte, den lädt er ein, Feuerwehrmann oder –frau zu werden.
Angefangen hat es mit der Verbreitung der Handys: Als ein junger Autofahrer mit seinem Fahrzeug im Stadtgebiet so heftig gegen einen Baum geprallt ist, dass er von der Feuerwehr aus seinem Pkw geschnitten werden musste, „standen 20 oder 30 Verwandte und Bekannte da“, erinnert sich Viktor Liehr an den tödlichen Unfall, der bereits Jahre zurück liegt. Damals konnte man mit Handys nur telefonieren und Kurznachrichten verschicken. Durch die Smartphones und über die sozialen Netzwerke lassen sich heute in Sekundenschnelle Freunde, Familie, Bekannte und Arbeitskollegen informieren, so dass an Unglücksorten meist schon Menschengruppen versammelt sind, bis die Feuerwehr eintrifft. „Und der Kumpel, der noch nicht da ist, kommt noch“, sagt Viktor Liehr. Es ist ihm auch schon passiert, dass er bereits Fotos von der Einsatzstelle bekommen hat, als die Löschfahrzeuge die Feuerwache noch gar nicht verlassen hatten.
Bei einem Feuerwehreinsatz vor kurzem in der Rheinstraße standen „etwa hundert Leute auf dem Marktplatz“, berichtet der Feuerwehrkommandant, „ich habe bestimmt 15 Handys gesehen, die gefilmt und fotografiert haben“. Manchmal werde auf Feuerwehrleute direkt draufgehalten – „das verstärkt den Stress für die Kollegen“, sagt Viktor Liehr. Am Ende des Einsatzes wurde er noch von Autofahrern angepöbelt, die aus den Parkbuchten in der Rheinstraße ausfahren wollten und der Ansicht waren, dass die Feuerwehr nicht schnell genug abrückte. „Manche hatten null Verständnis für unsere Aufräumarbeiten.“
Beschwerden gab es auch schon von Anwohnern, die der Ansicht waren, dass die Feuerwehr nachts auch ohne Martinshorn zum Einsatzort fahren könne. Oder an der Einsatzstelle doch gefälligst das Blaulicht abschalten solle. Vorrang im Straßenverkehr genieße die Feuerwehr aber eben nur, wenn sie mit Blaulicht und Sondersignal unterwegs sei, stellt Viktor Liehr klar. Steuert ein freiwilliger Feuerwehrmann das Einsatzfahrzeug und verursacht ohne Sondersignal und Blaulicht einen Unfall, hafte dieser unter Umständen mit seinem Privatvermögen. „Nicht auszudenken, wenn noch ein Mensch dabei zu Schaden käme“, sagt Viktor Liehr. Das Blaulicht an der Einsatzstelle warnt vor allem und gerade nachts andere Verkehrsteilnehmer.
Wer bei den äußerst vielfältigen Feuerwehreinsätzen live dabei sein möchte, den lädt Viktor Liehr ein, zur Kehler Wehr zu kommen: Vor – anstatt hinter – der Kamera zu stehen, sei viel spannender und helfe außerdem der Allgemeinheit. Im Oktober beginnt der nächste Grundlehrgang für angehende Feuerwehrleute, Kosten entstehen den Teilnehmern keine.
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