Eine Schutzgewährung in Deutschland kann widerrufen oder zurückgenommen werden
Bei einer schweren Straftat droht die Abschiebung
Ortenau. Im Fall der Ermordung der Freiburger Studentin kochen die Emotionen hoch. Zumal im
Laufe der vergangenen Woche bekannt wurde, dass der als mutmaßlicher
Täter festgenommene Afghane bereits 2014 in Griechenland wegen
versuchten Mordes zu zehn Jahren Haft verurteilt worden war. Am 30.
Oktober 2015 wurde er aber unter Bewährungsauflagen aus dem Gefängnis
entlassen. Obwohl er diesen nicht nachkam und verschwand, schrieb die
griechische Justiz ihn nicht zur internationalen Fahndung aus – ein
Behördenversagen mit schrecklichen Folgen.
Doch wie wird grundsätzlich in Deutschland mit straffälligen Asylbewerbern und
Asylanten umgegangen? „Wir sind dazu da, die Straftat aufzuklären. Da
spielt die Herkunft zunächst einmal eine untergeordnete Rolle“, so
Miriam Kümmerle von der Staatsanwaltschaft Offenburg. Zum Tragen käme
dies allerdings bei der Bewertung, ob Untersuchungshaft angeordnet wird.
Dies geschehe dann, wenn Fluchtgefahr besteht: „Diese Frage stellt sich
bei Ausländern, weil sie unter Umständen nicht fest in der Region
verwurzelt sind.“ Das Ergebnis der Ermittlungen wird dann der
zuständigen Ausländerbehörde mitgeteilt. „Wir entscheiden nicht, ob
jemandem die Aufenthaltsgenehmigung entzogen wird oder nicht“, so Kümmerle.
Für diesen Gesichtspunkt ist die Bundesanstalt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit Hauptsitz in Nürnberg
verantwortlich. „Generell muss das Asylverfahren gesondert vom
Strafverfahren gesehen werden“, teilt Natalie Psuja als Sprecherin des
BAMF mit. „Sofern ein Antragsteller während des Asylverfahrens jedoch
straffällig geworden ist, wird sein Antrag beim Bundesamt prioritär
behandelt.“
Die gesetzlichen Vorgaben, nach denen entschieden wird, sind im § 60 Abs. 8 des Aufenthaltsgesetzes der Bundesrepublik
Deutschland geregelt. Dieser Paragraf wurde am 17. März 2016 erweitert.
„Demnach können die Asylberechtigung und der Flüchtlingsschutz
aufgehoben werden, wenn ein Ausländer wegen eines Verbrechens oder
besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von
mindestens drei Jahren verurteilt worden ist“, erläutert Psuja. Das
Bundesamt müsse zu der Einschätzung kommen, dass auch zukünftig eine
Gefahr von der Person ausgehe und sie vergleichbare Straftaten erneut
begehe. Von der Neuregelung sei auch der subsidiäre Schutz betroffen,
der dann greift, wenn weder der Asyl- und noch der Flüchtlingsschutz
gelten. Hier genüge für eine Abschiebung, das Begehen einer schweren
Straftat – „eine strafrechtliche Verurteilung oder eine
Wiederholungsgefahr ist keine Voraussetzung“, so die Sprecherin des BAMF.
Nicht abgeschoben wird ein Straftäter, wenn er aus einem Land stammt, für das ein nationales Abschiebeverbot gilt oder ihm in
seinem Herkunftsland erhebliche Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit
drohen. In diesen Fällen wird eine Duldung ausgesprochen, ein
Aufenthaltstitel wird nicht erteilt.
Die Neuregelung des Paragrafen klärt auch, dass „nun eine rechtskräftige Verurteilung von
einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr zum
Ausschluss beziehungsweise der Aberkennung der Flüchtlingseigenschaften,
Asylberechtigung oder des subsidiären Schutzes führen kann“, so Psuja.
Grundsätzlich gilt eine Schutzgewährung ein Leben lang, aber sie kann
unter anderem widerrufen werden. Unabhängig von Straftaten überprüft das
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nach drei Jahren, ob es
Voraussetzungen für einen Widerruf oder Rücknahme gibt.
Wurde nun entschieden, dass bei einem Straftäter der Schutzstatus aberkannt wird,
sind die Straf- und Ausländerbehörden am Zug. „Der Strafvollzug findet
aufgrund einer inländischen Verurteilung auch in Deutschland statt“,
stellt Uwe Herzel, Pressesprecher des Regierungspräsidiums Karlsruhe,
das für Abschiebungen im Ortenaukreis zuständig ist, fest. Danach kann
abgeschoben werden. Ob von der Vollstreckung der Strafe abgesehen und
gleich abgeschoben wird, entscheidet die Staatsanwaltschaft. Dabei
dürfen auch minderjährige Straftäter in ihr Heimatland zurückgeschickt
werden. „Vor der Abschiebung eines minderjährigen Ausländers hat sich
die Behörde aber zu vergewissern, dass dieser im Rückkehrstaat einem
Mitglied seiner Familie, einer zur Personensorge berechtigten Person
oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird“, so Herzel.
Schutzformen
- Flüchtlingsschutz ist umfangreicher als die Asylberechtigung und basiert auf der Genfer Flüchtlingskonvention.
- Asylberechtigte sind politisch Verfolgte, die im Falle der Rückkehr in ihr
Herkunftsland einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung ausgesetzt
sind.
- Subsidiärer Schutz greift ein, wenn die beiden ersten nicht gewährt werden können, aber im Herkunftsland ernsthafter Schaden droht.
- Wenn die drei Schutzformen nicht greifen, kann bei Vorliegen bestimmter Gründe ein Abschiebungsverbot erteilt werden. Quelle: BAMF
Autor: Christina Großheim
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