"Seelsorge darf keine Pause machen"
Kirchen mit Lösungen für Nähe zu Menschen
Ortenau (kec). Der Corona-Virus hat die Welt weiterhin fest im Griff – auch die Kirchen. Viele Wochen im Frühjahr konnten keine Präsenzgottesdienste abgehalten, Ostern musste anders gefeiert werden, Kommunion und Konfirmation wurden verschoben. Dabei ist die Seelsorge ohne menschliche Nähe kaum vorstellbar. Wie reagieren die christlichen Kirchen auf die aktuelle Situation?
„Tatsache ist, dass wir die aktuelle Lage immer wieder neu bewerten und uns Lösungen einfallen lassen müssen, um niemanden zu gefährden und Menschen weiterhin gut zu begleiten“, erklärt der evangelische Pfarrer und Kehler Dekan Günter Ihle. „In Zeiten zunehmender Ängste oder auch Frustrationen wird es weiterhin wichtig sein, Gottesdienste mit den entsprechenden Schutzkonzepten zu feiern, in denen Menschen Kraft, Mut und Hoffnung schöpfen können.“ Dafür haben die Verantwortlichen in den Gemeinden, Diensten und Werken bereits im Frühjahr eine Menge unterschiedlicher Angebote entwickelt, viele Traditionen neu überdacht und aus mancher Not eine Tugend gemacht.
„Wir haben Online-Gottesdienste angeboten, Ältere sind auf die Fernsehgottesdienste ausgewichen oder wir haben Gottesdienste oder Feste wie Erntedank im Grünen gefeiert“, berichtet Rainer Becker vom evangelischen Dekanat Lahr. „Die Lahrer Andachten per Telefon haben inzwischen eine kleine Fangemeinde.“ Auch seine Offenburger Kollegin Jutta Wellhöner hat das Telefon neu entdeckt. „Überhaupt: Einfach mal anrufen bei Menschen, die man sonst öfter trifft“, so die Pfarrerin, die insbesondere die Gartengottesdienste im Dietrich-Bonhoeffer-Haus in Bohlsbach als sehr berührend empfand. „Wichtig ist auch die Ortenauer Telefonseelsorge, die von den beiden großen Kirchen verantwortet wird.“
Nähe vor Ort, per Mail und You-Tube
Johannes Mette vom katholischen Dekanat Lahr ist die Seelsorge elementar wichtig. „Sie wurde durchgehend betrieben – unter Beachtung der gängigen Schutzkonzepte in häuslicher Umgebung oder im Gemeindesaal – und wir haben sowohl die telefonische wie die Seelsorge via Mail intensiviert“, so Mette.
Sein Kollege vom Dekanat Acher-Renchtal, Georg Schmitt, ergänzt: „Wir verstärken die Öffentlichkeitsarbeit auf der Homepage, Instagram, Facebook und dem Seelsorgeeinheit eigenen Youtube-Kanal und unsere Senioren bekommen durch uns schriftliche Grüße der Aufmerksamkeit. Wir als Kirche vor Ort wie auch auf Bistumsebene sind redlich bemüht bei den Menschen zu sein, Nähe und Teilnahme zu schenken und dadurch erfahrbar machen, dass das Wort Zusammenhalten greift.“ Froh ist Mette über die Vorgaben und aufgestellten Regeln durch die Diözese Freiburg. "Ich fühle mich in unseren Kirchen sicher, da wir ein gutes Hygienekonzept aufgestellt haben“, betont Schmitt.
Besonders bedrückend erlebte Mette die Wochen im März, als er den Menschen keine seelsorgerische Begleitung beim Sterben gewähren durfte. „Trauerarbeit darf keine Pause einlegen“, fordert er, „das ist auch den Gemeindegliedern wichtig.“
Für Weihnachten gibt es bereits Überlegungen. Neben digitalen Gottesdienstformaten und kleinen Angeboten in der Adventszeit werden wohl an Heilig Abend die Anzahl der Gottesdienste erhöht und, wenn möglich, Feiern im Freien stattfinden. „Das wird eine logistische Herausforderung, bietet aber auch Chancen“, so Mette, „aus den Gemeinden kommen immer wieder gute Ideen.“
Ihle bedauert: „Ein Weihnachten ohne ein gemeinsam gesungenes 'O du fröhliche' kann ich mir noch schwer vorstellen.“ Aber er vertraut fest auf die Kreativität für ein Weihnachtsfest, das ein anderes und damit auch ein besonderes sein wird.
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