Berthold Bier ist Liedermacher und Maler mit Leidenschaft
Gradliniges und Braves sind gar nicht sein Ding

Der Renchener Liedermacher Berthold Bier braucht für seine Auftritte nicht mehr als seine Gitarre und einen Hocker.  | Foto: Michael Bode
  • Der Renchener Liedermacher Berthold Bier braucht für seine Auftritte nicht mehr als seine Gitarre und einen Hocker.
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Renchen. „Berthold, ein Lied!“, heißt es von vorne bei der einstündigen Autofahrt zum Opa. Und der Kleine singt mit seinen beiden Brüdern hinten im Fahrzeug und gibt den Ton an. Während des Besuchs beim Großvater werden dann die Lieder von diesem familiären Trio regelmäßig aufgeführt – und die Liebe zu Liedern ist geboren.
Diese Autofahrten bereiten in der Tat eine musikalische Karriere vor, die so weder geplant noch vorauszusehen ist. Berthold Bier, Jahrgang 1953, beginnt mit 15 Jahren Gitarre zu spielen und begeistert sich für die Liedermacher seiner Zeit wie Reinhard Mey, Konstantin Wecker, Hannes Wader, Jacques Brel oder Georg Kreisler. Seit vielen Jahren steht er selbst auf der Bühne: „In meinen Konzerten sehe ich mich auch als Botschafter dieser Gattung, wenn ich zu den Liedern etwas sage.“
Satirisches, Parodien auf und Veränderungen von vorhandenen Liedern haben es ihm dabei besonders angetan. „Bier“-ernste und politische Inhalte mag er eher weniger in seinem Programm wie auch Störungen von außen bei Liedvorträgen. Sofort fällt dem Musiker das Erlebnis auf einem Straßenfest ein, bei dem er ohne jede Verstärkeranlage neben einem Schmied seinen Platz bekommen hat. Der präsentiert sein traditionelles Handwerk mit hemmungslosen Ambossschlägen und lässt ihm für seinen Auftritt keine Chance.
Als er in Achern als Lehrer anfängt, ist er einer der zwölf Folkfans, die 1981 den Folk Club Achern aus der Taufe heben. An die sich daraus entwickelten Folk-Hocks mit offener Bühne für jedermann erinnern sich heute sicherlich noch viele. Später nimmt er das Angebot an, in Offenburg im Lehrerseminar zukünftige Lehrer auszubilden. Zu der Zeit entwickelt sich ein Fächerverbund aus Musik, Kunst und Sport. Da er diese Fächer unterrichtet, nutzt er die Möglichkeit, das in der Ausbildung weiterzugeben. „Da bin ich schon ein klein bisschen stolz auf diese Vielseitigkeit“, sagt er heute mit dem Blick auf seine Tätigkeiten.

Das Elternhaus hat ihn stark geprägt

Auch der Impuls zur Malerei kommt aus dem Elternhaus. Neben in Kisten aufbewahrten Entwürfen und Zeichnungen von einem Onkel, der Kunstmaler war, hängen im Haus sehr viele Bilder. Sein Talent zeigt sich auch in diesem Kreativbereich. Seine Liebe zur Malerei mündet in einem Kunststudium für Lehramt. Dort beginnt er mit Aquarellmalerei, wobei ihn das Expressive besonders begeistert. Sein erstes Bild ist geprägt von einem Gemälde von Wasserbüffeln, die durch einen Fluss rennen, wobei das Wasser in alle Richtungen spritzt. Auf seinen Bildern lässt sich auch oft ein gewolltes Durcheinander erkennen. Das schön Brave und Gradlinige entspricht nicht seinem kreativen Geist.
Über Aquarelle kommt er zur Acrylmalerei, wobei seine Bilder abstrakter werden. Rot und Spielarten dieser Farbe werden von ihm bevorzugt, wobei seine Farbstrukturen nicht inhaltlich gleich deutbar sein sollen. Oft werden zwei manchmal nur angedeutete Pole deutlich, zwischen denen eine Spannung beziehungsweise eine Beziehung besteht.
Die Malerei ist heute zugunsten der Musik in den Hintergrund getreten. Ein Grund dafür ist auch, dass die Organisation von Ausstellungen immer schwieriger wird und die Motivation des Künstlers unter diesem Umstand leidet. In der Musik dagegen bringt er seine Anlage und Gitarre mit und kann mit relativ einfachen Mitteln seine Konzerte geben. Dabei legt er Wert auf ein gewisses inhaltliches Niveau. „Das befriedigt mich“, sagt Berthold Bier. „Es gibt kaum etwas Schöneres, als vor einem aufmerksamen Publikum zu singen und zu spielen“.
Auf der Bühne steht er über 30 Jahre lang mit seiner Frau, die sich seit vier Jahren diese stressigen Auftritte nicht mehr antun will. Berthold Bier macht seitdem mit dem Blick auf seinen Ruhestand und seiner Liebe zu Liedern als Solist weiter. Die Erfahrungen der bisherigen Konzerte zeigen jedenfalls, dass es ihm gelingt, die eigene Begeisterung auf das Publikum zu übertragen. Wie einige andere ist auch Berthold Bier den Weg vom Lehrer zum Kleinkünstler gegangen. In dieser Eigenschaft wird er im März 2020 wieder im Simplicissimus-Haus in Renchen mit seinem Programm „BIER-ART“ zu erleben sein. Jürgen Tille-Koch

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