An(ge)dacht
Ein Signal wäre sicher hilfreich

Tobias Strigel | Foto: Privat

Dass ich an diesem Morgen meine Unschuld verlieren würde, hätte ich wirklich nicht gedacht. Aber erstens kommt es ja bekanntlich anders und zweitens als man denkt. In den vergangenen 19 Jahren ist mir so etwas noch nie passiert. An jenem nebligen Montagmorgen hat sie mich, hinter einer Hecke lauernd, jedoch voll erwischt: die Radarkontrolle!
Auf ein polizeiliches „Foto-shooting“ war ich ehrlich gesagt nicht gerade vorbereitet. Schließlich gibt es fotogenere Augenblicke als montags, kurz nach halb acht, auf dem Weg zur Arbeit. Aber das ist ja eigentlich auch der Sinn der Sache.
Ins Gespräch vertieft, war ich kurz abgelenkt. So viel zu schnell dürfte ich in dieser Zone 30 nicht gewesen sein. Allzu teuer wird es also wohl nicht werden. Viel mehr „kostet“ mich die Tatsache, dass mein Gesprächspartner die Situation zwar vorhergesehen, mich aber kein bisschen vorgewarnt hat. Mein erster Gedanke war: „Echt toll, da unterhält man sich mal mit Gott und was gibt‘s für‘s Morgengebet – einen Strafzettel. Besten Dank!“
Erst auf den zweiten Blick ist mir klar geworden, wie gut mir manchmal eine solche Kontrolle in anderen Lebensbereichen täte – ein Korrektiv überall da, wo ich ein Limit überschreite: im Umgang mit meiner Gesundheit, im Umgang mit meinen Ansprüchen an mich selbst und an andere… Ob es unbedingt ein roter Blitz sein muss, der mich daran erinnert, dass ich gerade mit Vollgas über das Ziel hinausschieße, weiß ich nicht. Aber irgendein Signal wäre sicher hilfreich.
Mein Morgengebet im Auto verrichte ich neuerdings sicherheitshalber bei Tempomat. Ich danke Gott für die Möglichkeiten, die er mir schenkt. Aber ich bitte ihn auch ausdrücklich um den „Geistesblitz“, der mir nicht weniger deutlich meine Limits aufzeigt.
Tobias Strigel
Leiter der Diözesanstelle Ortenau

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