Knappheit bei Blutkonserven
Spendenbereitschaft wieder gesunken

Nicht nur bei Unfällen zur Stelle, auch für Blutspenden ist das DRK verantwortlich. | Foto: gro
  • Nicht nur bei Unfällen zur Stelle, auch für Blutspenden ist das DRK verantwortlich.
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Ortenau (ds). Jahr für Jahr wird in der Sommerzeit verstärkt zu Blutspenden aufgerufen. Der Bestand an Blutkonserven in den Lagern des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) ist knapp, doch für das Ortenau Klinikum kann Pressesprecher Christian Eggersglüß auf Anfrage der Guller-Redaktion Entwarnung geben: "Wir haben immer genügend Blutkonserven aller wichtigen Blutgruppenmerkmale vorrätig. Gleichzeitig achten wir darauf, nicht zu viele Blutkonserven zu bevorraten, um allen Kliniken die Versorgung zu gewährleisten und keine Blutkonserven verfallen zu lassen. Zu Versorgungsengpässen ist es in der Vergangenheit nicht gekommen", erklärt er.
Patient-Blood-Management-Netzwerk
Für sein optimales Blutmanagement sei das Ortenau Klinikum bereits im April 2018 vom deutschen Patient-Blood-Management-Netzwerk (PBM) sogar ausgezeichnet worden. Die Klinik hatte das PBM-Konzept im Herbst 2015 eingeführt, um die Versorgung von Patienten mit größeren, planbaren Operationen weiter zu verbessern. Es sieht vor, Bluttransfusionen weitgehend zu vermeiden und bevorzugt blutsparende Verfahren anzuwenden. So stelle das Konzept den Patienten in den Mittelpunkt der Behandlung, nicht Blutprodukte und ihre Verwendung.

Lage war schon kritisch

Wie aber sieht es grundsätzlich aus? Die Guller-Redaktion hat bei Eberhard Weck, Pressesprecher des DRK-Blutspendediensts Baden-Württemberg – Hessen, nachgefragt: "Die Lage war in diesem Jahr tatsächlich schon sehr kritisch", bringt er es auf den Punkt. Seit Ostern seien die Vorräte an Blutkonserven auf nur einen Tag geschrumpft, aktuell habe man aber wieder den Bedarf der Kliniken für knapp drei Tage im Haus. "Wünschenswert wäre allerdings, den Verbrauch von vier Tagen vorrätig zu haben", so Eberhard Weck weiter.

100 Blutspende-Termine pro Woche

Bis zu 100 Blutspende-Termine führt das DRK pro Woche in Baden-Württemberg und Hessen durch. 2021 kamen im Ortenaukreis an 180 Terminen insgesamt 28.094 Blutspenden zusammen. Meist im Frühjahr und im Sommer, wenn die Menschen raus in die Natur gehen und in Urlaub fahren, sinke die Zahl der Spender drastisch. Eine Ausnahme habe dabei das erste Corona-Jahr dargestellt: "Wir hatten damals mehr Spenden als wir uns vorstellen konnten und auch eine hohe Erstspenderrate", so Eberhard Weck. Ob das am Lockdown, als die Menschen nichts anderes tun konnten oder es mit einem anderen Bewusstsein zu tun hatte, kann Weck nicht wirklich bestimmen. Im zweiten Jahr habe sich die Lage wieder relativiert, um nun im dritten Pandemie-Jahr angespannt zu sein: "Zum einen werden jetzt Operationen nachgeholt, die aufgrund von Corona verschoben werden mussten, was den Bedarf an Blut natürlich erhöht. Zum anderen sind die Menschen wieder in aller Welt unterwegs und haben anderes als Blutspende-Termine im Kopf. In über 30 Jahren habe ich eine solch lange Knappheit noch nicht erlebt", berichtet der Blutspendedienst-Pressesprecher.

Knapp ist 0 Rhesus negativ

Besonders knapp sei – wie zu jeder Zeit – die Blutgruppe 0, insbesondere 0 Rhesus negativ. „Das liegt daran, dass diese Blutgruppe jedem Patienten gegeben werden kann, also auch im Notfall problemlos und schnell einsetzbar ist“, erklärt Eberhard Weck. Ein Lagerbestand von zehn Prozent wäre hierbei sein Wunsch, doch nur sechs Prozent der Bevölkerung habe diese besondere Blutgruppe.

Gesundheitsbogen

"Das Durchschnittsalter der Blutspender liegt bei 40 Jahren", berichtet Eberhard Weck, Pressesprecher des DRK-Blutspendediensts Baden-Württemberg – Hessen. Mindestens 18 und maximal 73 Jahre alt muss ein Erstspender sein, das Mindestkörpergewicht beträgt 50 Kilogramm. „Das haben nicht etwa wir uns ausgedacht, sondern diese Richtlinien hat das Paul-Ehrlich-Institut festgelegt“, erklärt Weck. Wer insulinpflichtig ist oder Diabetes hat, dürfe nicht spenden. Außerdem müsse jeder Spender jedes Mal einen Gesundheitsbogen ausfüllen, der vor der Blutentnahme mit einem Arzt durchgesprochen werde. "Dieser entscheidet dann zwei Dinge: Zum einen ob die Blutspende gut für den Spender ist – immerhin wird ein halber Liter Blut entnommen – zum anderen ob das Risiko für den Patienten, der das fremde Blut bekommt, gering ist", erläutert Eberhard Weck. So würden etwa acht Prozent der Spender unverrichteter Dinge nach Hause geschickt, zum Beispiel, weil sie zuvor Antibiotika eingenommen hatten.

Unterschiedliche Lagerbedingungen

Die Blutkonserven werden für die Aufarbeitung zentral nach Ulm oder Frankfurt gebracht. Dort wird das Blut in drei Bestandteile geteilt: in Erythrozyten (rote Blutkörperchen), Blutplasma und Thrombozyten (Blutplättchen). "Jeder Bestandteil hat eine andere Lagerbedingung: Die Blutplättchen, die lebenswichtig für Krebspatienten sind, dürfen nur bei Zimmertemperatur gelagert werden und haben eine Lebensdauer von nur vier Tagen. Die roten Blutkörperchen werden im Kühlschrank für maximal 42 Tage aufbewahrt. Das Plasma, das etwa für die Immuntherapie eingesetzt wird, kann für bis zu zwei Jahre eingefroren werden, erklärt Weck. Selbstverständlich werde jede Blutkonserve auf übertragbare Krankheiten untersucht – für Baden-Württemberg und Hessen geschieht das zentral in Frankfurt. Die Verteilung erfolge dann durch ein dezentrales Institut, etwa in Baden-Baden. "Dort melden die Kliniken ihren Bedarf an", so der DRK-Pressesprecher. Mehrbedarf sei im Notfall an 365 Tagen im Jahr aber jederzeit abrufbar.

Eigenblutspende

Die Nachfrage nach Eigenblutspenden, etwa im Vorfeld planbarer Operationen, habe in den vergangenen Jahren sehr abgenommen. "Insbesondere in den 90er-Jahren war die Nachfrage nach diversen HIV-Skandalen sehr groß", weiß Eberhard Weck. Nur in den DRK-eigenen Instituten könne im Übrigen eine solche Eigenblutspende gemacht werden – "das geht nicht bei einem normalen Blutspendetermin in einer Turnhalle auf dem Dorf".
Wer Blut spendet, hilft dadurch in allererster Linie anderen Menschen. "Es kommt aber oft genug vor, dass wir beim Spender Bluthochdruck erkennen oder einen massiven Eisenmangel, was dann dringend beim Hausarzt überprüft werden muss", so Pressesprecher Eberhard Weck.

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