In der Ortenau geht es närrisch zu
Schnurren, Schudis und Schindbock
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- Das Hängen und Fleddern eines Prominenten ist fester Bestandteil des Offenburger Narrentags. Gestern war Landrat Thorsten Erny das Opfer.
- Foto: Glaser
- hochgeladen von Anne-Marie Glaser
Ortenau (ag) Für Thorsten Erny gab es kein Entrinnen. Hilflos zappelte der Landrat am Schindbock der Bohlsbacher Krabbenaze. Unter dem Gelächter der unzähligen Zuschauer wurde er am gestrigen Samstag beim Offenburger Narrentag gnadenlos mit Leim eingepinselt, damit die Federn besser kleben. Dabei gingen die Narren nicht gerade zimperlich mit ihm um.
Rathaussturm
Während das Hängen und Fleddern ein Alleinstellungsmerkmal der Krabbenaze ist, gibt es Fastnachtsbräuche, die in vielen Orten und auch über die Ortenau hinaus gepflegt werden. Beispielsweise wird das Rathaus wie gestern in Offenburg von Sasbach im Norden bis Ringsheim im Süden, Kehl im Westen bis Hornberg im Osten des Landkreises gestürmt. Spätestens ab dem Schmutzigen Donnerstag übernehmen die Narren die Regentschaft. Was für ein Spaß und Spektakel! In Hornberg gibt es alle Jahre wieder dazu sogar ein Festspiel unter einem besonderen Motto.
Der Fantasie keine Grenzen gesetzt ist den Narren ebenfalls beim Schnurren. Verkleidete ziehen im Ort von Lokal zu Lokal und tragen dort witzige Texte oder Lieder vor. Manche treiben auch einfach nur Schabernack. Jedenfalls haben alle ihre Gaudi, ob in Kappelrodeck, Hausach oder einer der anderen Fastnachtshochburgen.
Narrensamen
Was den großen Schudis das Schnurren, ist dem Narrensamen das Gizig-Rufen. In Städten wie beispielsweise Achern ziehen die Kinder von Geschäft zu Geschäft, auf den Dörfern wie Waltersweier am Rosenmontag von Haustür zu Haustür. Die Gemeinsamkeit: Überall gibt es Süßigkeiten.
Höhepunkte sind immer die Umzüge. Das gilt nicht nur für die großen närrischen Lindwürmer wie zum Beispiel in Oberkirch. Er findet trotz Bundestagswahl dieses Jahr am Sonntag, 23. Februar, statt. Aber auch die kleinen Umzüge wie am Fastnachtsdienstag in Griesheim haben ihren Charme.
Es gäbe noch so vieles zu erwähnen: Beispielsweise wird dreieinhalb Wochen vor Aschermittwoch in Gengenbach der Schalk im Niggelturm aufgeweckt, in Lahr am Schmutzigen der Gruslilochzottli aus dem Storchenturm befreit. Hinzu kommen noch tolle Bräuche wie Narrenbaumstellen, Hexenfraß, Hemdklunkerumzüge. Mehr Infos bieten die Internetseiten von ONB, VON sowie VSAN.
Kommentar von Anne-Marie Glaser
Dürfen wir lachen, feiern und närrisch sein, wenn nur wenige Tage zuvor in Offenburg ein Mensch grausam getötet wurde? Ich meine: ja. Das bedeutet schließlich keineswegs, dass uns diese schreckliche Tat kalt lässt. Dieser Mord macht fassungslos und ich habe tiefes Mitgefühl mit den Angehörigen des Opfers. Es ist wichtig innezuhalten und gemeinsam zu trauern. Auf keinen Fall sollten wir uns deshalb aber die Freude verbieten. Denn sie verhindert, dass wir in der Traurigkeit versinken.
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