Kreistag verabschiedet Resolutionen
Rheintalbahn und Krankenhaus
Ortenau (st) Der Kreistag des Ortenaukreises hat in seiner Sitzung vom Donnerstag jeweils einstimmig zwei Resolutionen verabschiedet: zur Verkürzung der Bauzeit und Einrichtung von Interimsbahnhöfen im Zusammenhang mit dem Ausbau der Rheintalbahn – ABS/NBS Karlsruhe-Basel sowie gegen das geplante Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz. Dies sind die Resolutionen im Wortlaut:
Resolution zum Ausbau der Rheintalbahn
Streckensperrung verkürzen und Interimsbahnhöfe einrichten
Der Ortenaukreis bekennt sich zum Ausbau der Rheintalbahn mit dem Ziel, die Kapazitäten auf der Strecke sowohl für den Personenverkehr als auch für den Güterverkehr zu erhöhen. Der Neubau der autobahnparallelen Güterzugstrecke soll voraussichtlich 2035 abgeschlossen sein. Danach soll die bestehende Rheintalbahn für den schnellen Personenfernverkehr (Vmax = 250 km/h) ausgebaut werden. Dazu plant die DB, die bestehende Rheintalbahn zwischen Hohberg und Kenzingen für die Dauer von sechs Jahren (2036 bis 2041) vollständig zu sperren. Der Personenfernverkehr (ICE und EC) sowie ein Teil des Regionalverkehrs sollen über die neu gebaute Autobahnparallele geleitet werden. Für die Bahnhöfe Friesenheim, Lahr, Orschweier, Ringsheim, Herbolzheim und Kenzingen ist ein Schienenersatzverkehr (SEV) mit Bussen vorgesehen.
In der Vergangenheit haben der Ortenaukreis und seine Kommunen große Anstrengungen unternommen, um ein attraktives ÖPNV-Angebot auszubauen. Es ist zu befürchten, dass eine sechsjährige Vollsperrung diese Anstrengungen weitgehend zunichtemachen würde. Für die Pendler zwischen Friesenheim und Kenzingen würde eine sechsjährige Vollsperrung eine erhebliche Beeinträchtigung bedeuten, die durch die Einrichtung eines Schienenersatzverkehrs kaum kompensiert werden kann. Es ist vielmehr mit einem Umstieg auf den privaten PKW und damit mit einem deutlichen Anstieg des Individualverkehrs zu rechnen, was das Straßennetz, die Anwohner und auch das Klima zusätzlich belasten würde.
Daher fordert der Kreistag des Ortenaukreises
1. die Bauzeit zu verkürzen,
indem bei dem Ausbau der Rheintalbahn die gleichen Methoden angewendet werden wie bei der Generalsanierung der Riedbahn. Insbesondere soll beim Ausbau der Rheintalbahn die Bautätigkeit innerorts in der Zeit von Montag bis Samstag zwischen 6 und 22 Uhr ausgedehnt und außerorts im Dreischichtbetrieb (24/7) gearbeitet werden. Die DB hat den betroffenen Landkreisen und Kommunen einen optimierten Zeitplan und Konzeption der Bauarbeiten vorzulegen.
2. einen leistungsfähigen Schienenersatzverkehr einzurichten,
damit die Menschen, insbesondere die Bahn-Pendler zwischen Friesenheim und Kenzingen ein qualitativ hochwertiges und attraktives Angebot erhalten und damit ein Umstieg auf den Individualverkehr weitestgehend vermieden wird. Die DB hat dafür Sorge zu tragen, dass ausreichend Busse und Fahrpersonal zur Verfügung stehen. Auch hat die DB den Güterverkehr auf der gesperrten Strecke zu gewährleisten.
3. im Bereich der südlichen Ortenau zwei Behelfshalte an der autobahnparallelen Neubaustrecke (Interimsbahnhöfe) auf der Höhe der Stadt Lahr und der Gemeinde Ringsheim einzurichten,
damit Nahverkehrszüge den Abschnitt zwischen Offenburg und Riegel weiterhin erschließen können. Diese beiden Interimsbahnhöfe (und gegebenenfalls ein weiterer im Bereich des Landkreises Emmendingen) hat die DB im Rahmen der formalen Genehmigungsverfahren planfestzustellen.
4. sich mit den Straßenbaulastträgern (Ortenaukreis, Autobahn GmbH des Bundes) abzustimmen,
damit in der Zeit der Vollsperrung der Rheintalbahn leistungsfähige Straßenverbindungen vorhanden sind. Das setzt voraus, dass der Neubau der Kreisstraße 5344 zwischen Ringsheim und Lahr vor 2036 abgeschlossen sein muss und der dreispurige Ausbau der Bundesautobahn 5 nicht gleichzeitig zur Vollsperrung der Rheintalbahn erfolgt. Damit wird auch sichergestellt, dass der Schienenersatzverkehr zwischen den Kommunen und in der Region verkehren kann.
Die Resolution richtet sich an:
- den Bundesminister Dr. Volker Wissing, Bundesministerium für Digitales und Verkehr
- die Abgeordneten des Verkehrsausschusses des Deutschen Bundestages
- die Wahlkreisabgeordneten
- den Minister Winfried Hermann, Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg
- den Vorstandsvorsitzenden Dr. Richard Lutz, Deutsche Bahn AG
- den Präsidenten Stefan Dernbach, Eisenbahn-Bundesamt
Resolution gegen das geplante Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz
Der Bundestag hat am 17. Oktober 2024 mit dem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz von Bundesgesundheitsminister Lauterbach eine weitreichende Entscheidung über die Zukunft eines Kernbestandteils der sozialen Infrastruktur verabschiedet. Diese Entscheidung wird auch auf das Ortenau Klinikum und die Gesundheitsversorgung in der Ortenau massive Auswirkungen haben.
An dem Gesetz gibt es zahlreiche inhaltliche Kritikpunkte, die die Deutsche Krankenhausgesellschaft, die Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft und auch die Bundesländer immer wieder vorgetragen haben. Auch der Ortenaukreis teilt die Kritikpunkte.
Von zentraler Bedeutung ist, dass das Gesetz bisher keinerlei Linderung für die dramatische Finanzlage der Krankenhäuser vorsieht. Das Ortenau Klinikum musste für das Jahr 2023 einen Jahresfehlbetrag von rund 40 Millionen Euro ausweisen. Die Gründe dafür sind der Rückgang der Patientenzahlen nach Corona, nicht ausreichende Ausgleichszahlungen durch den Bund sowie massive Steigerungen der Sach- und Lohnkosten. Die wirtschaftliche Situation der Kliniken in Deutschland hat sich seit Corona und der Inflationsentwicklung in 2023 massiv verschärft. Das System der Krankenhausfinanzierung war noch nie so unterfinanziert wie aktuell. In Baden-Württemberg erwarten 85 Prozent der Krankenhäuser auch für 2024 ein Defizit. Das kumulierte Defizit wird bei 900 Millionen Euro liegen. Davon können 600 Millionen Euro der Betriebskostenfinanzierung zugeordnet werden, für die der Bund verantwortlich ist. Hauptursachen für das Defizit in diesem Bereich ist die Unterfinanzierung der Inflationsjahre 2022 und 2023, die den Kliniken Jahr für Jahr in der Basisfinanzierung fehlt (Defizitsockel).
Ungerechtigkeit
Für unser Bundesland kommt noch eine große Ungerechtigkeit hinzu, auf die die Kliniken seit Jahren sehr deutlich hinweisen: Das Krankenhausfinanzierungssystem ist „blind“ für das überdurchschnittliche Lohnniveau, das in den hiesigen Krankenhäusern gezahlt wird. Bei der Beitragsbemessung für die Sozialversicherung werden selbstverständlich die höheren Löhne zugrunde gelegt. Bei der Bemessung der Krankenhausvergütungen spielen sie aber keine Rolle. Dadurch entstehen den Kliniken nicht gedeckte Zusatzkosten in Höhe von 122 Millionen Euro. Hinzu kommt, dass die Krankenhäuser in Baden-Württemberg die Bevölkerung mit der geringsten Bettenziffer je 100.000 Einwohner versorgen. Der Bundesdurchschnitt wird um 17 Prozent unterschritten!
Zentralisierung
Die vom Bundesgesundheitsminister eingeforderte Zentralisierung und Strukturbereinigung bei den Krankenhäusern ist hier also schon vielfach umgesetzt. So haben Ortenaukreis und Ortenau Klinikum schon 2018 mit einer mutigen und weitsichtigen Entscheidung den Grundsatzbeschluss für eine Neustrukturierung der stationären Versorgung in der Ortenau getroffen. Der Strukturwandel ist hier also bereits in vollem Gange. Dass das Land mit der effizientesten Krankenhausstruktur dennoch die zweithöchste Defizitquote im Bundesvergleich hat, kann man nur als ein absurdes Ergebnis bezeichnen.
Die anfallenden Defizite kann der Ortenaukreis nur noch durch eine massive Erhöhung der Kreisumlage kompensieren. Doch dies beschneidet gleichzeitig die finanziellen Spielräume der Städte und Gemeinden, was zwangsläufig zu deutlichen Einschnitten beim Öffentlichen Nahverkehr, bei Kitas, Schulen und beim Straßenbau führt.
Daher fordert der Kreistag des Ortenaukreises die Landesregierung dazu auf, im Bundesrat gegen das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz zu stimmen. In einem Vermittlungsverfahren muss sich die Landesregierung für eine
1. vollständige Kompensation des Defizit-Sockels aus den Jahren 2022 und 2023 durch Anhebung der Krankenhausvergütungen um vier Prozent (zum Beispiel im Rahmen einer Stufenlösung ab 2025)
2. Berücksichtigung des überdurchschnittlichen Lohnniveaus bei der Berechnung des Grundpreises der Krankenhäuser (Landesbasisfallwert)
3. Berücksichtigung der Tatsache, dass in Baden-Württemberg durch ein Krankenhausbett mehr Bürger versorgt werden als in anderen Ländern (Aufschlag zur Vorhaltevergütung)
einsetzen.
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