Vier-Tage-Woche gibt es in vielen Varianten
Kulturwandel in den Betrieben
Ortenau Geht es nur darum, sich einen schlanken Fuß zu machen, oder um die Steigerung der Produktivität und Gesundheit? Die Debatte um die Vier-Tage-Woche ist nicht neu, ihre Einführung ist aber an bestimmte Bedingungen gebunden.
"Grundsätzlich kann jeder Arbeitgeber frei entscheiden, ob die Arbeit in seinem Betrieb an vier oder fünf Tagen geleistet wird. Will jemand einen Betrieb neu gründen, hat er also freie Hand, was er mit seinen neuen Arbeitnehmern vereinbaren will", erklärt Jürgen Markowski, Fachanwalt für Arbeitsrecht. Anders sieht das aber bei bestehenden Betrieben aus, denn dort bestehen bereits Arbeitsverträge und diese können nicht einseitig geändert werden. "Gegen den Willen der Arbeitnehmer eine Vier-Tage-Woche anzuordnen und mit einer Änderungskündigung durchzusetzen, ist rechtlich sehr schwierig", betont Markowski.
Betriebe, die eine Vier-Tage-Woche einführen möchten, müssen sich zunächst Gedanken darüber machen, ob diese ein Modell zur Verteilung der Arbeitszeit sein soll, oder ob es als ein klassisches Teilzeit-Modell betrachtet wird. Bei der ersten Variante wird die wöchentliche Arbeitszeit, beispielsweise 40 Stunden, an vier anstatt bisher an fünf Tagen verrichtet. "Dabei sind aber die Höchstgrenzen des Arbeitszeitgesetzes zu beachten, dass etwa an einem Arbeitstag nicht mehr als zehn Stunden gearbeitet werden darf", erläutert der Fachanwalt. Ein solches Modell könne aber nur einvernehmlich zwischen Arbeitnehmer und -geber vereinbart werden und bedürfe gegebenenfalls der Zustimmung des Betriebsrats.
Recht auf Teilzeit
Bei der Variante als Teilzeit-Modell wird die wöchentliche Arbeitszeit des Beschäftigten reduziert, wodurch sich auch der Verdienst verringert. Dies könne auch gegen den Willen des Arbeitsgebers durchgesetzt werden, so Markowski, da Arbeitnehmer Anspruch auf die Gewährung von Teilzeit nach Maßgabe des Teilzeit- und Befristungsgesetzes hätten. Es sei auch die Vier-Tage-Woche bei gleichem Lohn, aber reduzierter Wochenarbeitszeit möglich, sofern dies einvernehmlich zwischen Arbeitnehmer und -geber vereinbart würde.
Kulturwandel
Auch wenn die Erfahrungen in der Regel positiv seien, so Markowski, setze die Einführung einer Vier-Tage-Woche aber nicht nur eine saubere rechtliche Vereinbarung voraus, sondern auch einen Kulturwandel in den Betrieben. Insbesondere die Vier-Tage-Woche bei reduzierter Arbeitszeit könne schnell zu Überlastungen an den Arbeitstagen führen. "Die Herausforderung ist, nicht nur die Anwesenheit im Betrieb und die Arbeitszeit zu kürzen, sondern auch das Arbeitsvolumen auf mehrere Schultern zu verteilen", betont Markowski. Dies bedeute, dass auch mehr Personal eingestellt werden müsse, um das Arbeitspensum zu erledigen. "Geschieht dies nicht, nehmen die Belastungen an den Arbeitstagen eher zu und der positive Effekt verpufft." Zudem müssten die Führungskräfte darauf achten, dass die Kollegen, die nur an vier Tagen anwesend sind, nicht vom Informationsfluss ausgeschlossen würden.
Überstunden
Ist das Arbeitspensum einmal so hoch, dass der Betrieb Überstunden anordnet, hängt es von der arbeitsvertraglichen Vereinbarung ab, ob Arbeitnehmer, die auf eine Vier-Tage-Woche umgestellt haben, unter Umständen an dem freigewordenen Tag arbeiten müssen. "Ist er vertraglich zur Ableistung von Überstunden verpflichtet und ist nicht eingeschränkt, dass der fünfte Tag wirklich arbeitsfrei bleiben muss, dann können Überstunden auch am fünften Tag stattfinden. Vergleichbar ist dies mit der Arbeit an Samstagen bei einer klassischen Fünf-Tage-Woche", erklärt Markowski.
Wer die Anzahl seiner Arbeitstage verringert, reduziert damit auch anteilig seinen Urlaubsanspruch. Das Bundesurlaubsgesetz geht von einem Urlaubsanspruch von 24 Werktagen bei einer Sechs-Tage-Woche aus. Bei einer Vier-Tage-Woche bleiben also noch 16 Tage Urlaub übrig. "Unterm Strich bleiben aber vier Wochen Urlaub, da nur für die Arbeitstage ein Urlaubstag genommen werden muss", macht Markowski deutlich, Das gleiche Prinzip gelte auch bei dem Urlaub, der über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehe. "Da der Urlaub immer in Tagen bemessen wird, kommt es dabei nicht auf die Anzahl der Stunden an, die pro Arbeitstag geleistet werden müssen", so der Arbeitsrechtler abschließend.
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