IHK-Ausbildungsumfrage 2018
Es fehlen Auszubildende
Ortenau/Freiburg (st). Laut einer Online-Befragung der IHK unter Ausbildungsbetrieben in der Region Südlicher Oberrhein wird es für die Betriebe immer schwieriger, ihre Ausbildungsplätze zu besetzen. Etwa 30 Prozent der über 200 teilnehmenden Ausbildungsbetriebe gaben an, für Ihre Ausschreibungen überhaupt keine Bewerbungen mehr zu erhalten. Die IHK Südlicher Oberrhein stellte die Ergebnisse der Umfrage heute im Rahmen einer Pressekonferenz vor.
127 Stellen blieben unbesetzt
Die Lage bei der Besetzung von Ausbildungsstellen verschärft sich kontinuierlich. Dies zeigt auch die aktuelle IHK-Ausbildungsumfrage 2018, bei der sich 212 Unternehmen aus der Region Südlicher Oberrhein beteiligt haben. „Von 1.184 angebotenen Plätzen blieben 127 unbesetzt. Dies führt zu einer Quote von 10,7 Prozent. Hochgerechnet auf den Kammerbezirk würde dies etwa 450 Stellen entsprechen“, erklärt Simon Kaiser, Leiter der Abteilung Aus- und Weiterbildung bei der IHK Südlicher Oberrhein. Als Gründe für die Nichtbesetzung gaben über 82 Prozent der Betriebe an, keine geeigneten Bewerbungen zu erhalten, über 30 Prozent klagten darüber, dass überhaupt keine Bewerbungen für ausgeschriebene Ausbildungsplätze erhalten zu haben. „Das ist schon eine dramatische Lage“, sagt Kaiser.
„Als Unternehmen muss man sich heute interessant machen“, weiß Marie-Luise Wolf, Ausbildungsbetreuerin für Lagerlogistik bei SMP Deutschland aus Bötzingen. „Wenn wir zum Beispiel auf einer Jobmesse sind, reicht es nicht mehr, einen Stand mit Infomaterial zu haben. Es muss modern und spritzig aussehen und am Besten sollte noch eine Aktion zum Mitmachen und Anfassen für die Schüler dabei sein“, berichtet Wolf von ihren Erfahrungen.
Studienabbrecher oder auch Flüchtlinge
SMP bildet jährlich in 13 Ausbildungsberufen aus, zudem ist Wolf auch im Prüfungsausschuss der IHK aktiv, sodass sie mit dem Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln vertraut ist. Neben verbessertem Ausbildungsmarketing (55 Prozent) investieren immer mehr Unternehmen indem sie Praktika anbieten (55 Prozent) oder neue Bewerbergruppen erschließen (36 Prozent). „Bei der Erschließung neuer Bewerbergruppen rücken Studienabbrecher oder auch Flüchtlinge in den Fokus. Beim Thema Flüchtlinge stellen wir fest, dass deutlich mehr Betriebe Interesse zeigen, Auszubildende einzustellen als geeignete Kandidaten zur Verfügung stehen. Zudem hat die Nachqualifizierung an Bedeutung gewonnen. Dabei werden beispielsweise Mitarbeiter, die angelernt sind, jedoch über keinen formalen Abschluss verfügen aus- oder weitergebildet“, erklärt Kaiser.
Dauerbaustelle bleibt laut der Umfrage die Ausbildungsreife der jungen Menschen. Die Unternehmen bemängeln hier vor allem die Leistungsbereitschaft/Motivation (62,1 Prozent), die Belastbarkeit (60,7 Prozent) sowie die Disziplin (58,7 Prozent). Kaiser: „Anders als bei fachlichen Mängeln wie Rechtschreibung oder Mathematik greifen bei diesen sozialen Schlüsselkompetenzen Unterstützungsangebote nur sehr gering. Daher ist dieser Bereich besonders heikel für die Unternehmen.“ In den Bereichen, in denen es möglich ist, unterstützen Unternehmen ihre Auszubildenden inzwischen jedoch enorm. So gaben 38 Prozent der Befragten an, Nachhilfe im Unternehmen anzubieten und 36 Prozent nutzen das Förderprogramm "Ausbildungsbegleitende Hilfen (abH)" der Agentur für Arbeit.
Unklare Berufsvorstellungen
Ganze 92 Prozent der Unternehmen sehen die unklaren Berufsvorstellungen der Schulabgänger als ein Ausbildungshemmnis. „Es ist immer noch viel zu häufig der Fall, dass Berufswahlentscheidungen auf einer viel zu wackeligen Basis zustande kommen. Die Jugendlichen sind dann enttäuscht, weil der Beruf nicht ihren Vorstellungen entspricht und brechen ab, was natürlich auch zu Frust bei den Unternehmen führt“, erläutert Kaiser. Seiner Ansicht nach sind die Gründe dafür nicht in einem fehlenden Informationsangebot zu suchen. „Hier hat sich in den vergangenen Jahren bereits sehr viel getan in den Schulen, bei der IHK, bei den Verbänden sowie der Agentur für Arbeit. Ziel muss es nun sein, in das Thema Berufsorientierung einen roten Faden zu bekommen“, findet Kaiser. Als weiteren Faktor sieht Wolf hier auch die Eltern der Schulabgänger in der Verantwortung. „Viele junge Menschen werden heute alleine auf den Weg der Berufsfindung geschickt und verlieren sich in der Masse der Angebote. Viele sind daher auf eine Unterstützung und Rückhalt der Eltern angewiesen“, berichtet Wolf.
Trotz aller negativen Prognosen lieferte die Umfrage auch eine erfreuliche Zahl: 83,6 Prozent der Betriebe gaben an, zufrieden oder sehr zufrieden mit der Unterrichtsqualität an den Berufsschulen zu sein. Als Verbesserungspotential nannten 62,8 Prozent der Unternehmen die Kommunikation zwischen Schule und Betrieb. „Um über Auffälligkeiten informiert zu werden, muss man als Unternehmen jedoch auch selbst Kontakt zur Berufsschule aufnehmen. Hier gibt es auch eine Holschuld der Unternehmen und nicht nur eine Informationspflicht der Berufsschule“, betonte Wolf.
Die IHK-Ausbildungsumfrage wird seit 2009 jährlich bundesweit vom DIHK durchgeführt. In der Region Südlicher Oberrhein nahmen 212 Unternehmen an der Umfrage teil. Sie stehen für 1.184 Ausbildungsplätze. In diesem Jahr wurde die Ausbildungsumfrage erstmals online durchgeführt.
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