Stadtanzeiger Verlag und Guller
15.000 Mark und sehr viel Leidenschaft

Wolfgang L. Obleser und Ehefrau SusanneFoto: privat | Foto: privat
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Offenburg (ag). Sie hatten einen Kombi, 15.000 Mark Startkapital und die Leidenschaft junger Menschen, die fest an ihre Idee glauben. Das war das Fundament, auf das Wolfgang L. Obleser gemeinsam mit seiner Frau Susanne 1972 den Stadtanzeiger Verlag aufbaute.

Die Idee dazu entstand in München. Wolfgang L. Obleser war dort Anfang der 70er-Jahre Vertriebsleiter der Apotheken Umschau, seine Ehefrau arbeitete in einer Presseabteilung, als sie auf eine Anzeigenzeitung aufmerksam wurden. Sie bestand nur aus Werbung. Einen redaktionellen Teil gab es nicht. Der Gedanke, selbst eine solche Zeitung auf die Beine zu stellen, gefiel ihnen. Beispielsweise in der Ortenau, der Heimat von Susanne Obleser, wo solche noch unbekannt waren.
Dort gab es zu dieser Zeit nur Tageszeitungen. Also ließ sich das Paar regelmäßig die damalige Renchtalzeitung von Susanne Oblesers Eltern schicken, die in Oppenau lebten und dort eine Apotheke hatten. "Ich legte mir Karteikarten an und verfolgte genau, wer bei welcher Gelegenheit in der Tageszeitung inserierte, um das Ganze für mich dann auszuwerten", erinnert sich der Verlagsgründer an seine Vorbereitung. Außerdem nahm er Kontakt zum Freiburger Wochenbericht auf, der kostenlos verteilt wurde und sich sogar eine Redaktion leisten konnte.

Was gratis war, galt als suspekt

Großes Kopfzerbrechen bereitete es Obleser, eine Druckerei zu finden. "Niemand in der Ortenau konnte sich vorstellen, dass ein kostenloses Anzeigenblatt funktionieren würde", beschreibt der Verleger das Problem. "Alles, was gratis war, galt als suspekt." Nach längerer Suche wurde er schließlich im entfernten Stuttgart fündig.

Fassade war noch nicht verputzt

Im Sommer 1972 war es so weit. Das Ehepaar brach in München seine Zelte ab und mietete in Offenburg Räumlichkeiten für den Stadtanzeiger Verlag. Das Haus, in welchem das Unternehmen sein Quartier aufschlug, war noch nicht einmal fertiggestellt, die Fassade musste noch verputzt werden und außen stand deshalb noch ein Gerüst. Es war die Scheffelstraße 21, wo sich auch heute die Hauptgeschäftsstelle befindet.

Hans Keilbach schaltete erste Anzeige

Man kann nicht sagen, dass das Ehepaar mit dem Anzeigenblatt in Offenburg mit offenen Armen empfangen wurde. Susanne Obleser kümmerte sich darum, den Vertrieb aufzubauen und unterstützte ihren Mann dabei, Kunden zu gewinnen. "Meine Frau ist mein bestes Kapital", betonte Wolfgang L. Obleser immer. Und langsam kamen die Dinge ins Rollen. Hans Keilbach vom gleichnamigen Modehaus schaltete die erste Anzeige. Ein weiterer Inserent war die Firma Springer. Burda-Moden gab eine Stellenanzeige auf und Möbel-Braun warb für einen Tag der offenen Tür in Achern. Auch die Autohäuser Enders und Fandrich sowie die Automobil-Gesellschaft Schoemperlen & Gast warben in dem neuen Medium. Das war noch nicht viel, aber ein Anfang. Die Druckmaschinen konnten angeworfen werden.

Das Bedürfnis war da

25 Jahre später lag deutschlandweit eine andere Idee in der Luft: Eine lokale Sonntagszeitung mit einem ansprechenden redaktionellen Teil, die die Leserschaft keinen Pfennig kostet. Wolfgang L. Obleser war von Anfang an begeistert und fest entschlossen, ein solches Projekt in der Ortenau zu realisieren. Das war aber einfacher gesagt als getan. "Das Bedürfnis nach einer solchen Sonntagszeitung war eindeutig da", erinnert sich der Verlagsgründer. "Ein Hauptproblem war jedoch das Thema Sonntagsarbeit für Austräger. Das konnte dann aber geklärt werden." Jugendliche Schüler durften den Guller zwar nicht verteilen, aber auch viele Erwachsene freuten sich über eine zusätzliche Verdienstmöglichkeit.

Sportteil

Das war aber nicht das Einzige, das ihm damals Kopfzerbrechen bereitete. Ein Sportteil sollte etabliert werden. "Wer sich für Sport interessiert, will die Ergebnisse am Sonntagmorgen lesen", so der Verlagsgründer. Agenturen wollten rein anzeigenfinanzierte Zeitungen damals aber nicht mit Beiträgen beliefern. Obleser muss heute noch schmunzeln, wie er sich damals mit Vertretern eines Sportdienstes in einer Autobahnraststätte traf und dort hart verhandelt wurde. Letztendlich für ihn erfolgreich: Die Sonntagszeitung konnte vom Lokalsport bis zur Bundesliga berichten.
Der erste Guller wurde anlässlich des 25-jährigen Jubiläums des Verlags präsentiert. Manche Rubrik wie das Sonntagsporträt gibt es heute noch, andere wie der Witz der Woche verschwanden. Dann kam wieder Neues wie die Glosse dazu. Und natürlich hat sich auch immer mal die Optik verändert.

Generationswechsel

Zum 20. Geburtstag der Sonntagszeitung übergab Wolfgang L. Obleser den Verlag vollständig an seine Tochter Isabel. Bald darauf kam Geschäftsführer Christian Kaufeisen dazu. Doch bei allen Entwicklungen, die es in all den Jahren immer wieder gab, eins hat sich nie geändert: Die Leidenschaft aller Beteiligten, den Lesern jeden Sonntag eine ansprechende Lektüre zu bieten – und zwar kostenlos!

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