Kulinarischer Ausflug in die 70er-Jahre
Bunt und immer internationaler

Ein Klassiker der französischen Küche eroberte in den 1970er-Jahren Deutschland – Poularde in Weißwein. | Foto: Edy Ledig
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  • Ein Klassiker der französischen Küche eroberte in den 1970er-Jahren Deutschland – Poularde in Weißwein.
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Ortenau (gro). Vor 50 Jahren, im Jahr 1972, wurde der Stadtanzeiger Verlag gegründet. Und so wie er die Zeitungswelt in der Ortenau veränderte, so veränderten zwei Ereignisse ein Jahr zuvor, 1971, die deutschen Essgewohnheiten: In München wurde das legendäre Feinschmeckerrestaurant "Tantris" von Eckart Witzigmann eröffnet. Bis dahin wurde in deutschen Gasthöfen gut, aber eher gut bürgerlich gekocht. Im "Tantris" wurden in Deutschland erstmals Gerichte der in Frankreich populären Nouvelle Cuisine serviert.

In der gleichen Stadt und im gleichen Jahr startete der Siegeszug von "McDonalds" mit der ersten Filiale neben dem Fußballstadion in Obergiesing. Fortan zog es vor allen die jüngeren Deutschen in den Fast-Food-Tempel zu Burgern, Pommes und Milchshakes.

Die 70er-Jahre, das war die Zeit, in der in die deutschen Küchen die große weite Welt Einzug hielt. Die Deutschen hatten von ihren ersten Fernreisen nach Italien und Frankreich auch Lieblingsgerichte mitgebracht. Nicht alle Zutaten waren für den deutschen Durchschnittshaushalt erreichbar: Wer hatte in den 1970er-Jahren schon frische Kräuter zur Hand, es wurden meist getrocknete verwendet. Oliven gab es meist nur aus dem Glas, Meeresfrüchte aus der Dose. Raffiniertere französische Speisen blieben oft eine Urlaubserinnerung, aber viele kochten zu Hause Zwiebelsuppe und krönten sie wie die Küchenmeister jenseits des Rheins mit einem Stück Baguette – manchmal war es auch nur schlichtes Weißbrot –, das mit Käse im Ofen überbacken wurde. Aber auch Klassiker wie Boeuf Bourgignon oder Coq au Vin hielten Einzug. Die Zutaten für diese Leckereien waren auch hierzulande zu kaufen. In Sachen italienische Lebensart hatte die Pizza die Nase vorn, erst nach und nach entdeckten die Deutschen, dass die Pasta-, Fisch- und Fleischgerichte der italienische Küche ebenfalls unwiderstehlich sind.

Wer sich Kochbücher aus dieser Zeit anschaut, der stellt schnell fest: Die Küche der 70er-Jahre ist vollfett. Niemand zählte Kalorien, Torte wurde mit Buttercreme geschichtet, Eis mit einem ordentlichen Berg Schlagsahne bestellt und Nudelsalate gerne mit viel Mayonnaise verfeinert. Ein beliebtes kleines Gericht sind überbackene Toasts: Allen voran natürlich der Toast Hawaii, der bereits in den 1950er-Jahren erfunden wurde, aber auch Schnitzel oder Steaks wurden auf Toast serviert und anschließend mit Käse überbacken. Dazwischen befand sich häufig Obst aus der Dose wie Ananasscheiben, halbe Pfirsiche oder Tomaten, gerne auch mal Champignons in Sahnesoße. Sehr beliebt waren kleine Häppchen: belegte Brote, die mit Gurken, Paprika oder Zwiebelringen garniert wurden. Spargel aus der Dose wurde in Schinkenscheiben eingerollt und auf keinen Fall dürfen der Käse- oder Mettigel fehlen. Die Käseauswahl war deutlich kleiner als heute.

Spießchen wurden nicht nur gegrillt, sondern auch in der Pfanne zubereitet. Die Namen der neuen, fantasievollen Gerichte wurden oft mit denen der Urlaubsländer verbunden, so kam ein Hauch Exotik auf.

In Sachen Getränke hatten Bier und Wein die Nase vorn. Wer im Sommer zur Party einlud, der servierte seinen Gästen eine frische Bowle mit Erdbeeren oder Pfirsichen. Im Winter standen Irish Coffee oder ein heißer Punsch hoch im Kurs. In Sachen Cocktails kamen immer mehr besonders fruchtige Drinks, "Daisy-Cocktail" genannt, auf.

Ein Klassiker der französischen Küche eroberte in den 1970er-Jahren Deutschland – Poularde in Weißwein. | Foto: Edy Ledig

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