Angedacht: Simon Schilling
Lieber stehen bleiben als einfach Ja sagen
Gehen Sie bei Rot über eine Fußgängerampel? Ich schon, hin und wieder, wenn wenig Verkehr ist und keine Kinder in der Nähe sind, denen ich ein Vorbild sein müsste. Ich denke mir dann immer: In Rom machen das alle. So ist es mir zumindest von einer Klassenfahrt in Erinnerung geblieben.
Damals sagte unser Lehrer: "Wenn ihr bei Rot über die Ampel geht, behaltet euer Gehtempo bei, dann fahren die Römer schon um euch herum; nur nicht hin- und herspringen, das könnte gefährlich werden…" Wie Sie heute merken, hat es funktioniert. Wir sind während dieser Klassenfahrt bei vielen grünen Fußgängerampeln stehen geblieben und bei Rot über die Straße gegangen. Eine Woche später waren wir wohlbehalten daheim. Noch heute, gut 20 Jahre später, ist mir die Klassenfahrt in bester Erinnerung. Auch wegen der roten Ampeln.
Warum schreibe ich das? Weil das so eine Sache ist mit den roten Ampeln… Es geht auch manchmal schief, wie vergangene Woche im Thüringer Landtag. Da wurde bei der Wahl zum Ministerpräsidenten eine im Vorfeld aufgestellte rote Ampel überfahren – das ergab einen folgenschweren Unfall.
Jesus sagt im Evangelium des heutigen Sonntags: „Euer Ja sei ein Ja, euer Nein ein Nein“ (Mt 5,37). Wahrscheinlich hatte er dabei nicht die Straßen Roms vor Augen, auf denen es gefährlich sein könnte hin- und herzuspringen. Sondern vielleicht eher unseren Opportunismus bezüglich Prinzipien und Überzeugungen. Da gibt es nämlich rote Ampeln, die nicht überschritten werden dürfen. Wenn wir mit menschenverachtenden Thesen konfrontiert werden, müssen wir beim „Nein“ bleiben.
Simon Schilling, Pastoralreferent und JVA-Seelsorger
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