Zunftmeister Thomas Decker
Keine Fastnacht ohne Auftritt im Narrenkeller
Offenburg (gro). Seine Familie sieht er im Augenblick nicht sehr häufig: Kein Wunder, schließlich befindet sich die Fastnacht kurz vor ihrem Höhepunkt und als Zunftmeister der ältesten Zunft in Offenburg hat Thomas Decker alle Hände voll zu tun. Und das hängt nicht nur mit dem Jubiläum der Althistorischen Narrenzunft zusammen. Am heutigen Abend wird er – mit vielen anderen Aktiven – bei der Redoute auf der Bühne in der Offenburger Reithalle stehen und mit Witz und einem Augenzwinkern die große und kleine Politik durch den närrischen Kakao ziehen.
"Ich bin durch einen Arbeitskollegen zur Fastnacht gekommen", erzählt der 50-Jährige. In Offenburg geboren und aufgewachsen, begleitete ihn das Thema natürlich schon während seiner Kindheit, doch Zunftmitglied wurde er erst mit 22 Jahren. "Dabei war ich schon als Kind davon begeistert", erzählt Thomas Decker. Damals ging er mit seinen Eltern in aller Herrgottsfrühe am Schmutzigen Donnerstag auf den Lindenplatz zur Fastnachtstaufe. "Da hat man natürlich die Offenburger Hexen mit ihrer Häs und den Fanfarenzug besonders wahrgenommen. Die Trommeln, die rot-orangenen Kostüme und der Fahnenträger – die Atmosphäre ist einfach einmalig", schwärmt er noch heute bei der Erinnerung und gesteht: "Eine Weile hatte ich sogar mit dem Gedanken gespielt, in die Hexenzunft einzutreten." Doch letzten Endes machte der Fanfarenzug das Rennen. "Das Spielen der Bassfanfare musste ich allerdings erst lernen", so Decker. Das war 1990 und der Fanfarenzug suchte dringend Nachwuchs. "Damals waren fast nur ältere Herren dort Mitglied, heute sind auch viele junge dabei", zeigt er Unterschiede auf.
Vom Fanfarenzug in den Narrenrat
Es blieb nicht bei der Rolle eines reinen Fanfarenzugmitgliedes. "Unser damaliger Zunftmeister, Klaus Hansert, fragte mich, ob ich mir nicht vorstellen könnte, mich mehr einzubringen", so Decker. Der gelernte und studierte Finanzbeamte konnte und wurde zum Obmann seiner Abteilung der Narrenzunft. "Im Gegensatz zur Position des Dirigenten war hier Organisation die Hauptaufgabe", so Decker. Schließlich unterstützte er den damaligen Säckelmeister Patrick Elble und übernahm dessen Posten, als Elble Zunftmeister wurde. "Damals bin ich aus dem Fanfarenzug in den Narrenrat gewechselt", schildert Decker.
Auch wenn er seitdem statt der Landsknechtsuniform nun Anzughose, weißes Hemd, die Jacke mit dem Spättlekragen und die Kappe aus Samt trägt, eines lässt sich Thomas Decker nicht nehmen: die Auftritte bei der Redoute und den Kellerabenden. "Das habe ich fast von Anfang an gemacht, es macht einfach Spaß", findet er. "Ich würde nur ungern tauschen und nur noch als Narrenrat fungieren. Auf die Bühne kann und will ich nicht verzichten."
Gemeinsame Ideen für Auftritte
Die Ideen für seine Auftritte entstehen ab dem Moment, an dem das Kellermotto feststeht. Seine Partner auf der Bühne sind seine Schwester, die ebenfalls Zunftmitglied ist, und sein Stellvertreter als Zunftmeister Axel Schirich. "Wir schreiben selbst die Texte. Meist setzen wir uns kurz vor Weihnachten zusammen. Uns ist aber auch schon eine Woche vor dem ersten Kellerabend spontan eine Geschichte eingefallen", beschreibt Thomas Decker, wie die Auftritte entstehen.
So bildeten er und Schirich 2018 ein Rockerduo, das die Vorbereitungen für das große Jubiläum der Zunft auf die Schippe nahm. "Wir sind aber ebenfalls schon als die beiden Alten aus der Muppet-Show aufgetreten", zeigt Decker die Bandbreite auf. Auf seinen Posten als Zunftmeister wurde er von seinem Vorgänger vorbereitet. "Irgendwie schien das beschlossene Sache zu sein, dass ich das Amt übernehmen werde", sagt Thomas Decker und schmunzelt ein wenig über den Fait accompli.
Bei so viel Engagement bleibt wenig Zeit für anderes. "Ich bin ein Familienmensch", sagt er. "Mein Sohn ist in der Ranzengarde, meine Tochter bei den Spättle. Meine Frau ist zwar nicht in der Zunft, aber närrisch", kann er sich ihres Verständnisses sicher sein. Nach all den Jahren, gibt es noch den Gänsehautmoment? "Ja, am Ende der Redoute, das große Finale. Wenn alle 130 bis 150 Aktiven auf der Bühne stehen, das ist herzergreifend", findet Thomas Decker.
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