Angedacht: Christian Kühlewein-Roloff
Ist nicht das ganze Leben ein Memory?
„Am schönsten war es, wenn Opa mit mir Memory gespielt hat!“, erinnert sich eine Enkelin bei einer Trauerfeier. „Und ich habe fast immer gewonnen. Und mein Lieblingstierpaar habe ich auch immer bekommen.“ Dabei lächelt sie und fährt fort: „Erst viele Jahre später, als mein Opa mit seinen Urenkelchen Memory gespielt hat, habe ich entdeckt, dass er absichtlich immer knapp danebengegriffen hat.“
Mich hat diese Geschichte berührt – und zum Nachdenken angeregt. Wie schön ist es, wenn man solch einen Opa hat. Einer, der mit Liebe danebengreift, mich gewinnen lässt, mich stark und glücklich macht. Und: Manches im Leben verstehe ich erst hinterher. Da wird mir oft erst Jahre später bewusst, was „gespielt“ wurde. Wie mich da einer mit ganz viel Liebe hat gewinnen lassen.
Ist nicht das ganze Leben ein Memory? Ein Suchen nach dem, was zusammenpasst. Wobei: Nicht immer gehören im Leben genau die gleichen Teile zusammen. Manchmal sind es doch gerade sehr unterschiedliche Teile, die wunderbar miteinander harmonieren, sich ergänzen und bereichern. Das macht die Suche manchmal schwierig – aber zugleich spannend. Und ich kann auch entdecken, dass es oft auch zwei oder noch mehr Möglichkeiten gibt, was zusammenpasst.
Wie gut, wenn ich Gott bei meinem Lebensmemory an der Seite habe, der mich freundlich begleitet und sich mit mir freut, wenn ich etwas Passendes gefunden habe. Und der mit mir entdeckt, wie wunderbar paradox das Lebensmemory ist: Zum Verlieren gehört das Gewinnen, zum Weinen das Lachen, zum Trauern das Danken, zum Streiten das Versöhnen, zum Kriegführen das Friedenstiften – und zum Suchen das Finden.
Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Suchen und Herausfinden, was in Ihrem Leben zusammenpasst.
Pfarrer Christian Kühlewein-Roloff, evangelische Stadtkirche Offenburg
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