Angedacht: Frank Wellhöner
Erinnerungen an badische Kuriositäten
Am Reformationstag am Sonntag, 31. Oktober, erinnert die Evangelische Landeskirche in Baden an ihre Gründung vor 200 Jahren. Baden hatte sich damals vergrößert und war von einer Markgrafschaft zum Großherzogtum aufgestiegen. Plötzlich gab es neben den Katholiken zwei evangelische Konfessionen: Lutheraner und Reformierte. Das sollte nicht so bleiben.
Reformationstag und Evangelische Landeskirche
Nach längerem Vorlauf wurde eine Generalsynode gebildet, die sich paritätisch aus lutherischen und reformierten Pfarrern und Nichttheologen zusammensetzte. Im Juli 1821 stimmten alle Synodale einer gemeinsam erarbeiteten Unionsurkunde zu. Am Reformationstag wurde dann die Vereinigung feierlich vollzogen.
Neben vielen Aspekten lässt die ökumenische Dimension der Urkunde aufhorchen: „Solcherweise einig und mit allen Christen in der Welt befreundet“ schließt sie mit einer Wegweisung: Freundschaft zwischen den evangelischen, katholischen und orthodoxen Christen – und vielleicht sogar mehr?
Bewertete damals doch ein badischer Pfarrer die Union als Auftakt zu einer späteren Wiederherstellung der kirchlichen Einheit aller Konfessionen. Ökumenische Besonderheiten hat es in den badischen Landen immer gegeben: Als 1715 die Stadt Karlsruhe gegründet wurde, gewährte der evangelische Markgraf von Baden-Durlach nicht nur weitgehende Religionsfreiheit. Konfessionen und Religionen durften eigene Kirchen und Bethäuser bauen. Und den Geistlichen wurde untersagt, schlecht über die jeweils anderen Konfessionen von den Kanzeln zu predigen. Auch die Freundschaft des alemannischen Dichters und ersten Prälaten der Landeskirche, Johann Peter Hebel, mit dem Konstanzer Bistumsverwalter Ignaz von Wessenberg war legendär. In stärker katholisch geprägten Gebieten Badens wurden Evangelische teilweise von katholischen Pfarrern getauft, getraut und beerdigt, wobei die Betroffenen evangelisch blieben. 1829 weihte der Großherzog gemeinsam mit dem Erzbischof die erste evangelische Kirche in Freiburg ein.
Badische Kuriositäten, Besonderheiten und Lichtblicke im Verhältnis der Konfessionen. Das Jubiläum erinnert an so vieles, was ökumenisch schon alles möglich war und heute ist, aber auch noch offen steht. „Mit allen Christen in der Welt befreundet“: Eine Wegweisung, die sich über den christlichen Horizont hinaus längst auch auf das Gespräch zwischen den Religionen erstreckt.
Dekan Frank Wellhöner, evangelischer Kirchenbezirk Ortenau-Offenburg
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