Bei klarer Beweislage
Beschleunigtes Verfahren im Landgerichtsbezirk

Foto: rek

Ortenau (st). Das von der Ministerin der Justiz und für Migration des Landes Baden-Württemberg, Marion Gentges, im Rahmen ihres Besuches bei den Offenburger Justizbehörden im Juni vorgestellte beschleunigte Verfahren ist im Landgerichtsbezirk Offenburg mittlerweile erfolgreich gestartet. Offenburg ist damit neben Freiburg, Mannheim, Stuttgart und Karlsruhe der fünfte Standort des Projekts zur Förderung der beschleunigten Verfahren des Landes Baden-Württemberg.

Nachdem die Leiter der beteiligten Behörden Ende Mai ein von einer gemeinsamen Arbeitsgruppe erarbeitetes Konzept für die verstärkte Anwendung des beschleunigten Verfahrens im Landgerichtsbezirk Offenburg unterzeichnet hatten, wurde zum 1. Juni mit dessen Umsetzung begonnen. Das Konzept sieht vor, dass die beteiligten Polizeibehörden, das Polizeipräsidium Offenburg und die Bundespolizeiinspektion Offenburg, der Staatsanwaltschaft geeignete Fälle, in denen der Täter auf frischer Tat festgenommen werden konnte, zur Entscheidung über die Anwendung des beschleunigten Verfahrens vorlegen.

Die Staatsanwaltschaft Offenburg, bei der derzeit zwei spezialisierte Dezernenten für die Bearbeitung der Verfahren zuständig sind, stellt sodann in geeigneten Fällen einen Antrag auf Durchführung des beschleunigten Verfahrens beim Amtsgericht Offenburg. Beim – im Falle der vorläufigen Festnahme des Beschuldigten zentral für den gesamten Landgerichtsbezirk zuständigen – Amtsgericht Offenburg befassen sich ebenfalls zwei spezialisierte Strafrichterinnen mit der Durchführung der beschleunigten Verfahren. Die Hauptverhandlung findet im Falle der Zulassung des Antrags sodann noch am Tag der Festnahme oder binnen weniger Tage statt.

Seit Beginn der Umsetzung des Konzeptes wurde durch die Staatsanwaltschaft Offenburg in sechs Verfahren beim Amtsgericht ein Antrag auf Durchführung des beschleunigten Verfahrens gestellt. In allen Fällen wurde das Verfahren noch am Tag der Festnahme des Beschuldigten oder am darauffolgenden Tag abgeschlossen.

Klare Beweislage

Angewendet wird das beschleunigte Verfahren insbesondere in Fällen mit klarer Beweislage, in denen die Verhängung einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr zu erwarten ist. Vorrangig wird das Verfahren dabei gegenüber Beschuldigten angewendet, die über keinen festen Wohnsitz in Deutschland verfügen. Hier stellt das beschleunigte Verfahren eine effektive Strafverfolgung auch in Fällen sicher, in denen keine ladungsfähige Anschrift vorliegt oder Ladungen und Strafbefehle bislang aufwändig im Wege der Rechtshilfe zugestellt werden mussten.

Zwei beispielhafte Fälle

Typische Anwendungsfälle sind etwa Ladendiebstähle, einfach gelagerte Körperverletzungen und Straftaten zum Nachteil von Polizeibeamten. Dies wird verdeutlicht durch zwei der ersten Anwendungsfälle:

  • Am 14. Juni stellten Beamte der Bundespolizeiinspektion Offenburg im Bereich des Kehler Bahnhofs einen in Frankreich wohnhaften tunesischen Staatsangehörigen fest, der in einem anderen Verfahren zur Festnahme ausgeschrieben war. Der 38-Jährige widersetzte sich seiner Festnahme, indem er sich gegen den festnehmenden Beamten stemmte und unkontrolliert um sich schlug. Er wurde am darauffolgenden Tag von der zuständigen Strafrichterin des Amtsgerichts Offenburg im beschleunigten Verfahren wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 30 Euro verurteilt.
  • Am 22. Juni entwendete eine 22-Jährige mit Wohnsitz in Polen in einem Drogeriemarkt in Lahr diverse Computerspiele mit einem Gesamtwert von rund 2.000 Euro und konnte in der Folge von Beamten des Polizeireviers Lahr festgenommen werden. Sie wurde am darauffolgenden Tag von der zuständigen Strafrichterin des Amtsgerichts Offenburg im beschleunigten Verfahren wegen Diebstahls in einem besonders schweren Fall zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je zehn Euro verurteilt.

Hintergrund

Das beschleunigte Verfahren ist in §§ 417 ff. StPO geregelt. Es ist lediglich vor dem Amtsrichter und dem Schöffengericht zulässig und erfolgt auf Antrag der Staatsanwaltschaft bei einfachen Sachverhalten und einer klaren Beweislage. Durch eine zügige Bearbeitung von Strafverfahren können Straftaten frühzeitig sanktioniert werden. Potentiellen Straftätern kann gleichzeitig die abschreckende Wirkung des Strafrechts vor Augen geführt werden.

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