Von der Rechtsanwältin
zur Künstlerin: Evgeniya Scherer

Evgeniya Scherer ist Expertin für Medienrecht, künftig will sie sich aber ausschließlich dem Malen und Schneidern widmen. | Foto: Michael Bode
  • Evgeniya Scherer ist Expertin für Medienrecht, künftig will sie sich aber ausschließlich dem Malen und Schneidern widmen.
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Lahr. Es gibt denkbar viele außergewöhnliche Geburtstagsgeschenke. Ein ganz Besonderes macht sich Evgeniya Scherer selbst: Die Ehefrau von Landrat Frank Scherer feiert nicht nur ihren 43. Geburtstag, sie eröffnet auch ihre erste Ausstellung im Hotel "Colosseo" in Rust – als Abschluss ihres Studiums an der Akademie für Bildende Kunst in Lahr. "Ich zeige Bilder, die während meines Kunststudiums in den vergangenen vier Jahren entstanden sind", so Scherer. Ihre Werke hinterfragen allesamt gesellschaftliche Muster, "unbeklommen und ohne Schwermut". Bis zum 16. Februar wird die Künstlerin selbst jeden Sonntag von 11 bis 15 Uhr vor Ort sein. "Ich freue mich auf den Austausch mit den Besuchern", betont Evgeniya Scherer, die sich künftig ausschließlich der Kunst widmen möchte.

"Ideen habe ich ununterbrochen, dafür reicht meine Zeit gar nicht aus. Die vergangenen drei Monate habe ich wie eine Wahnsinnige gemalt und nicht alles auf Leinwand gebracht", erzählt sie in ihrem Atelier, das sich im Keller des Wohnhauses der vierköpfigen Familie befindet. Manchmal teilt sie sich den Raum mit ihrem Mann, der dort gerne mal Gitarre spielt. Evgeniya Scherer greift in ihrem Atelier aber nicht nur zu Pinsel und Farbe, sondern auch zu Nadel und Faden. Fast alle ihre Kleider designt und näht sich die gebürtige Bulgarin selbst. "Meine Oma war Schneiderin und ich habe ihr immer viel geholfen", erklärt sie ihre zweite Leidenschaft. Dabei kauft sie keineswegs ständig neue Stoffe, sondern verändert alte Kleider, kombiniert sie mit Stoffresten oder sogar mit alten Trachten ihrer Oma. "So komme ich für offizielle Termine an der Seite meines Mannes nie in die Verlegenheit, immer etwas Neues kaufen zu müssen", stellt sie charmant lächelnd fest. Ein besonderer Bestandteil ihrer Vernissage ist deshalb auch die Performance „Die Mode bist du“, mit zehn Kleidern, die Scherer neu designt hat.

Kunst, Politik und die Liebe zu Deutschland

Aufgewachsen ist Evgeniya Scherer in Sofia. Schon ihre Mutter war künstlerisch tätig und so verfolgte die junge Evgeniya – wie in Bulgarien üblich – schon früh den Plan, einmal ein Gymnasium mit dem Schwerpunkt Kunst zu besuchen. "Meine Mutter hat mir aber abgeraten, sie sagte, eine Frau kann mit Kunst alleine keine Familie ernähren", erinnert sich Scherer noch gut. Ein Sommerurlaub am Schwarzen Meer sorgte 1987 schließlich für eine andere Entscheidung: "Wir haben dort eine sehr nette deutsche Familie kennengelernt und viel Zeit mit ihr verbracht. Und so habe ich beschlossen, das deutsche Gymnasium in Sofia zu besuchen, zumal mein Vater damals auch schon sehr deutschaffin war." Noch heute hat Evgeniya Scherer Kontakt zu ehemaligen Mitschülern, manche sind sogar Gäste der Vernissage.

Schon früh hat sich Scherer mit der politischen Situation in ihrem Heimatland auseinandergesetzt. Bereits mit neun Jahren hat sie eine Zeitung mit dem Titel "Frieden" gebastelt und darin unter anderem Kinder aus der Nachbarschaft zu Wort kommen lassen. "Die logische Konsequenz für mich war es, Jura zu studieren. Die Frage, etwas anderes zu machen, hat sich nie gestellt", betont sie. Studiert hat sie in Sofia und, dank eines Stipendiums, in Hamburg, wo sie außerdem ein Magisterstudium in Medienrecht abschloss. Ihre Promotion hat sie anfangs, bis zu einem weiteren Stipendium, mit einem Kellner-Job in der Hansestadt finanziert.

Als 2007 das Medienrecht in Bulgarien reformiert wurde, avancierte Evgeniya Scherer zur ausgewiesenen Expertin und war schließlich als Rechtsanwältin für das Kultusministerium tätig. Dort lernte sie auch ihren heutigen Mann Frank kennen: "Er kam 2009 im Rahmen eines EU-Projekts als Berater zu uns ins Ministerium", erzählt sie. Ziemlich schnell hat es zwischen den beiden gefunkt. "Ende 2009 ist die Entscheidung gefallen, dass ich mit nach Deutschland gehe", so Scherer, die sich zu diesem Zeitpunkt nur schwer vorstellen konnte, was ein Landrat so macht. Zuerst lebte die Familie in Gundelfingen, 2015 folgte der Umzug nach Lahr. Lange Zeit war Evgeniya Scherer noch als Medienrechtlerin beruflich aktiv, verfasste wissenschaftliche Studien und hatte Lehraufträge in Offenburg und Kehl. Doch jetzt soll erst einmal die Kunst im Mittelpunkt stehen. Daniela Santo

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