Spaziergang mit OB Vetrano
Von nachhaltigem Grün und 1.000 neuen Bäumen
Kehl (st). Kehl ist aufgeblüht: Im Frühjahr, im Sommer und jetzt mit dem beginnenden Herbst noch einmal sprießen Wildblumen auf Verkehrsinseln, in Kreisverkehren, an Straßenrändern und als Kreise mit vier Metern Durchmesser um Stadtbäume. Wie man es schafft, ein solches Blumenmeer in wechselnden Farben in den eigenen Garten zu zaubern, interessierte die 20 Teilnehmenden am Stadtspaziergang mit Oberbürgermeister Toni Vetrano mindestens ebenso wie die Entwicklung des Grünzuges im Baugebiet Schneeflären und alternative Heizmethoden mit Eis und Nahwärme.
Beifall für Grün-Konzept
Für das nachhaltige Grünkonzept in der Stadt, das zusammen mit 1.000 in diesem Frühjahr neugepflanzten Bäumen auch zur Verbesserung des Stadtklimas in Hitze- und Trockensommern beitragen soll, gab es Beifall für den stellvertretenden Betriebshofleiter Frank Wagner, der versicherte, dass sich auch Steingärten in Blumenwiesen verwandeln könnten.
Dazu müsse nicht einmal die Folie unter den Steinen entfernt werden, erläuterte er auf Nachfrage: Die Steine könnten keimfreier Erde überdeckt werden, die dann eingesät werde. Beim Spaziergang zu einer der vier im Rahmen des Wettbewerbs „Natur nah dran“ gestalteten Flächen, gab er praktische Tipps und erklärte den sogenannten Schröpfschnitt im Spätsommer, der zu einer neuerlichen Blüte im Herbst führe.
Die Kehler Blumenwiesen – auf mehr als 60 Hektar Fläche sollen sie sich erstrecken – sind mehrjährig, „sie werden von Jahr zu Jahr schöner“, prophezeite er und teilte am Ende des Stadtspaziergangs Samentütchen an die Teilnehmenden aus. Die spezielle Kehler Wildblumensamenmischung nebst Kulturanleitung werde vom neuen Jahr an in der Tourist-Information zum Kauf angeboten, ergänzte OB Vetrano.
Noch weniger Regen als 2018 und 2019
Zwar habe es in diesem Jahr weniger Hitzetage mit Temperaturen jenseits der 35 Grad gegeben, erläuterte Toni Vetrano, dennoch sei auch in Kehl 2020 das trockenste der drei Trockenjahre mit noch weniger Regen als 2019 und 2018. Dass der Klimawandel in Kehl bereits angekommen ist, konnte er den Stadtspaziergängerinnen und -gängern auch im Baugebiet Schneeflären zeigen: Schon während der Planung der Versickerungsmulden und der Entwässerung des Gebietes in den Hirschgraben habe sich gezeigt, dass die Regenwassermenge geringer sein werde, als im städtischen Konzept angenommen. Die Gegebenheiten hätten sich also innerhalb weniger Jahre verändert.
Wichtig sei es Verwaltung und Gemeinderat gewesen, wertvolle Biotopbestände so weit wie möglich zu erhalten. Deshalb seien Festsetzungen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft getroffen worden – dazu gehörten der Artenschutz und der Erhalt von Bäumen. 140 Bäume seien allein im Gebiet Schneeflären gepflanzt, Rückzugsräume für Igel, Fledermäuse, Kleintiere, Insekten und Amphibien geschaffen worden, erläuterte Toni Vetrano, der den Stadtspaziergängern eine bereits schön grüne, aber noch keine voll entwickelte Anlage zeigen konnte.
Bis der im Frühjahr gestaltete Grünzug – mit Naschgarten, Himmelsliege, Insektenhotel und Spielflächen – seine volle Pracht entfalte, werde es noch ein paar Jahre dauern. Mit der Erweiterung des Baugebiets werde der Grünzug nach Süden fortentwickelt, kündigte der OB an: „Die in Nord-Süd-Richtung verlaufenden grünen Korridore werden wir in der Stadtentwicklung berücksichtigen, weil wir inzwischen wissen, dass über sie auch an nahezu windstillen heißen Tagen Frischluft in die Stadt strömt.“
Die Herausforderung bestehe nun darin, diese Grünräume so zu gestalten, dass sie über ihre Qualität als Biotope auch zur Bewältigung der Klimafolgen einen Beitrag leisteten. Kehlerinnen und Kehlern sollen die neuen Spazierwege durch Klein Allmend zur Entschleunigung einladen, ergänzte Frank Wagner und verwies auf die entspannende Wirkung von Himmelsliegen. Trotzdem könne auf der Wiese natürlich auch Fußball gespielt werden, antwortete er auf die Frage einer Stadtspaziergängerin, ob dort auch Geschwindigkeit erlaubt sei. Warum es bei der Erschließung des zweiten Bauabschnitts von Schneeflären Verzögerungen gebe, erklärte der Erste Beigeordnete Thomas Wuttke: Weil Metallschrott im Boden entdeckt worden sei, müsse hier zunächst der Kampfmittelräumdienst ran – einen Termin, wann die Erweiterung beginnen werde, könne er noch nicht nennen.
Am vom Jugendgemeinderat geplanten Workout-Parcours konnte Toni Vetrano die bevorstehende Erweiterung der besonders bei Jugendlichen beliebten Sportgeräte durch einen sogenannten Tricky-Parcours ankündigen: In Kooperation von städtischen Auszubildenden beim Betriebshof und Mitgliedern des Jugendgemeinderats entstünden Mauern, Geländer und Pfosten, sportliche Jugendliche trainierten dann, diese gekonnt zu überwinden. Ebenso sind drei Chill-Ecken geplant, also Kombinationen aus Bänken und Tischen, an denen sich Menschen aus unterschiedlichen Altersgruppen, mit und ohne Beeinträchtigungen treffen können. Außerdem wünschen sich die Schülerinnen und Schüler die Chill-Ecken, um dort im Freien lernen zu können.
Der städtische Energiemanager Max Pfuhler unterstützte OB Vetrano bei der Erläuterung der Funktionsweise des Nahwärmenetzes in der zentralen Innenstadt. Corona-konform mit Mund-Nasen-Bedeckung ausgestattet, stiegen die Stadtspaziergängerinnen und -gänger zunächst in den Keller der Falkenhausenschule hinab, wo die großen Pufferspeicher zu sehen waren, bevor sie sich im Untergeschoss der Stadthalle mit dem gasbetriebenen Blockheizkraftwerk als Heizzentrale für die Stadthalle, die Falkenhausenschule und die Mediathek vertraut machten. Zu gegebener Zeit, erläuterte Toni Vetrano das Konzept, könnten auch das Rathaus und das Gebäude der Technischen Dienste an die Nahwärmeversorgung angeschlossen werden. Die Vorteile: Anstatt in jedem Gebäude eine Einzelanlage zu betreiben, werde der Wärmebedarf durch eine gemeinsame Heizzentrale abgedeckt. Dadurch entfielen die Kosten für einen Gasanschluss oder einen Kamin in den jeweiligen Häusern. Durch den höheren Nutzungsgrad erreiche das Heizsystem eine höhere Effizienz; außerdem erzeuge das Blockheizkraftwerk neben Wärme auch Strom, der ins öffentliche Netz eingespeist werde, was einen zusätzlichen Effizienzgewinn bedeute. Das Nahwärmenetz „spart Geld und reduziert den Ausstoß von klimaschädlichem Treibhausgas“, erklärte der OB und nannte konkrete Zahlen: „Der Wärmebedarf hat sich um 8,4 Prozent verringert; das entspricht einer CO2-Einsparung von rund 21 Tonnen jährlich.“
Gleich zu Beginn des Stadtspaziergangs vor der Tulla-Realschule hatte Toni Vetrano eine andere und in Kehl bislang einzigartige Heizmethode vorgestellt: Die Eisheizung, mit der die Kindertageseinrichtung Sundheim im Winter mit Wärme versorgt wird. Dort macht sich die Stadt den Umstand zunutze, dass durch das Gefrieren von null Grad kaltem Wasser zu Eis genauso viel Wärme frei wird, wie man benötigt, um null Grad kaltes Wasser auf 80 Grad zu erwärmen. Vor der Kita wurden zwei Betonhohlkörper mit einer Fläche von 16 Quadratmetern und einer Höhe von 2,70 Meter im Boden versenkt. Im Winter fließt ein Wasser-Salz-Gemisch (Sole), das als Wärmeträger fungiert, in einer Leitung durch den Behälter und entzieht dem Wasser nach und nach die Wärme, so dass es gefriert. Die Sole fließt zurück zur Wärmepumpe, diese speist die Wärme aus dem Eisspeicher in den Heizungskreislauf des Gebäudes ein, die abgekühlte Sole fließt wieder in den Eisspeicher. Am Ende der Heizperiode sind beide Betonhohlkörper mit Eisklötzen gefüllt.
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