912 Übernachtungen im zweiten Jahr
Mehr Frauen nutzen Kälteschutzangebot

Wie ein Zuhause: Auch für Ordnung und Sauberkeit haben die Bewohner auf Zeit gesorgt. | Foto: Stadt Kehl
  • Wie ein Zuhause: Auch für Ordnung und Sauberkeit haben die Bewohner auf Zeit gesorgt.
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Kehl Die Zahl der Übernachtungen im Kälteschutz ist im zweiten Jahr auf 912 gestiegen. Zugenommen hat auch die Anzahl der Nutzer. Christine Lux, Leiterin des städtischen Bereichs Sozialwesen, sowie Ute Feibicke-Vogt, Mitarbeiterin im Kälteschutz, sind sich indes sicher: Das Angebot hat sich unter Wohnungslosen etabliert.

Angebot ist bekannter

Die Kälteschutzbilanz für den zurückliegenden Winter liest sich sehr positiv. Die Zahl derer, die die beheizten Unterkünfte in klirrend-kalten Nächten nutzen, ist im Vergleich zum Debütjahr deutlich um 36 Nutzer gestiegen. „Wir haben inzwischen auch einige Stammnutzer“, berichtet Christine Lux. Für sie und Ute Feibicke-Vogt sind die Steigerungen ein Indiz dafür, dass die Bekanntheit des Kälteschutzangebots unter den Wohnungslosen zugenommen hat, ebenso wie dessen Akzeptanz. „Einige Nutzer bezeichneten den Kälteschutz sogar als ihr ‚Zuhause‘“, berichtet Christine Lux.

Und so hatten sie ihn – im positiven Sinne – auch hinterlassen. Zwei der fünf Container waren zum Schluss der Kälteschutzsaison nicht nur sauber aufgeräumt, sondern nass herausgewischt worden. „Das hat mich positiv überrascht“, erinnert sich Ute Feibicke-Vogt. Die gelernte Krankenschwester aus Nordrhein-Westfalen arbeitet seit nunmehr zwölf Jahren in der Wohnungslosenhilfe. Bereits im vergangenen Jahr war sie für die Übernachtungsgäste im Kälteschutz die Ansprechpartnerin vor Ort.

Dabei versucht sie, dem Alltag der Menschen, die in den beheizten Containern Zuflucht vor der Kälte suchen, etwas Struktur zu geben. Zeit für längere Unterhaltungen bleibt dabei immer. „Es gab eigentlich keinen Tag, an dem die Übernachtungsgäste mir nicht ihre Sorgen und Nöte anvertraut haben“, sagt die Sozialarbeiterin. Oftmals gehe es um familiäre Verwerfungen, Geldsorgen, aber auch schon mal um Dinge wie Liebeskummer. „Was die Kälteschutzbesucher dann brauchen, ist eine Gesprächspartnerin, die ihnen auf Augenhöhe begegnet, ihnen zuhört und ihnen die fehlende Bestätigung gibt“, berichtet Ute Feibicke-Vogt aus ihrem Alltag. Die Dankbarkeit für die Unterkunftsmöglichkeit, für das offene Ohr und den ein oder anderen Ratschlag äußert sich nicht selten in kleinen Präsenten, die Ute Feibicke-Vogt dann übergeben werden. „Beim Containerabbau hat mir ein Nutzer eine kleine Topfpflanze geschenkt“, sagt die Sozialarbeiterin und schmunzelt.

Dass die Zahl der Nutzer im zweiten Jahr des Kälteschutzes von 27 auf 36 angestiegen ist, liegt unter anderem auch daran, dass deutlich mehr Frauen die Unterkunftsmöglichkeit aufsuchen: Zwölf waren es in diesem Winter. Damit hat sich die Anzahl vervierfacht. Im ersten Kälteschutzwinter waren es noch drei. „Diese Entwicklung ist sehr erfreulich“, sagt Christine Lux. Auf der Straße würden obdachlose Frauen viele Gewalterfahrungen machen. Der Kälteschutz ist für sie damit auch ein Gewaltschutz. Zwei der fünf Unterkunftscontainern ist Frauen vorbehalten. „In der Gemeinschaft fühlen sie sich gut aufgehoben“, berichtet die Leiterin des städtischen Sozialwesens. Auch geschlechtergetrennte Toiletten hält der Kälteschutz vor.

Die Kälteschutzbilanz weist nicht nur gestiegene Zahlen auf. Ein Wert ist, für alle Beteiligten erfreulich, gesunken: „Es gab in diesem Winter keinen größeren Vorfall“, berichtet Christine Lux. Im vergangenen Jahr sei in den Kälteschutz eingebrochen und ein Computer entwendet worden. Besuche von der Polizei bleiben dennoch nicht aus. In neun Fällen hatten die Beamten eine wohnungslose Person in der Stadt aufgegriffen und zum Kälteschutz gebracht. Für solche Fälle haben die Polizisten einen separaten Schlüsselsatz.

Läuft alles nach Plan, soll der Kälteschutz auch im kommenden Winter wieder für Obdachlose geöffnet werden. Die Firma Algeco hat der Stadt erneut die Kälteschutz-Container samt Betten und Matratzen sowie Sanitäranlagen unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Finanzielle Unterstützung in Form von Geldspenden kam von der Sparkasse, der Volksbank und der Klumpp-Stiftung. Das Landratsamt bezuschusste die beim Diakonische Werk im Evangelischen Kirchenbezirk Ortenau angesiedelte Personalstelle für den Schließdienst.

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