Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz
30 Jahre im Dienst der Bürger
Kehl (st) Das Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz e.V. (ZEV) hat am 3. Juli 2023 sein 30-jähriges Bestehen im Rahmen einer spannenden Themenkonferenz gefeiert. In den Räumen des TV-Senders ARTE, einem Symbol für die deutsch-französische Freundschaft, versammelte die Feier zahlreiche deutsche, französische und europäische Persönlichkeiten. Zu den Gratulanten zählten EU-Kommissar Didier Reynders, Bundesjustizministerin Steffi Lemke sowie der Verbraucherschutzminister Peter Hauk aus Baden-Württemberg und seine Amtskollegin Katharina Binz aus Rheinland-Pfalz. ZEV-Gründerin Dr. Martine Mérigeau erhielt eine Ehrenmedaille.
Laudatio
Zu Beginn der Konferenz sprach EU-Justizkommissar Didier Reynders per Videobotschaft berührende Dankesworte aus und betonte: „Die Arbeit des ZEV […] ist unerlässlich, um das Vertrauern der Verbraucherinnen und Verbraucher auf beiden Seiten der Grenze zu gewinnen und erhalten.“
Bundesjustizministerin Steffi Lemke bezeichnete das ZEV, ebenfalls in einem Videogruß, als „ganz besondere deutsch-französische Zusammenarbeit“ und wünschte dem Verein auch „weiterhin viel Erfolg bei seiner Arbeit für Verbraucherinnen und Verbraucher in Europa.“
Olivia Grégoire, französische Ministerin für Wirtschaft, Finanzen und der industriellen und digitalen Souveränität schloss sich diesen Worten an. In einem Video gratulierte sie dem Verein nicht akzentfrei, dafür umso charmanter auf Deutsch.
Neben dem ZEV und seinen zahlreichen Errungenschaften der letzten drei Jahrzehnte stand vor allem eine Person im Fokus der Jubiläumsfeier: Dr. Martine Mérigeau, visionäre Gründerin und langjährige Vorständin des Vereins. Peter Hauk, Vorsitzender der Verbraucherschutzministerkonferenz und Verbraucherschutzminister in Baden-Württemberg, überreichte ihr für ihr herausragendes Engagement im Verbraucherschutz die Staatsmedaille in Gold.
Zu Beginn des Jahres hatte Mérigeau das Ruder an das neue, deutsch-französische Vorstands-Duo bestehend aus Christian Tiriou und Jakob Thevis übergeben.
Am Ende der Veranstaltung reihte auch Vincent Thiébaut, Mitglied der französischen Nationalversammlung und Vorsitzender des Verwaltungsrates des ZEV, sich in die Liste der Lobredner ein. Er ließ die letzten Jahre an der Seite von Mérigeau Revue passieren und zeigte sich sehr optimistisch für die weitere Erfolgsgeschichte des Vereins.
Themenkonferenz
Der erste der Runden Tische der Themenkonferenz drehte sich um das Thema Mobilität in der deutsch-französischen Grenzregion. Während der COVID-19-Pandemie hat diese enorme Einschränkungen erfahren. Die Regionalrätin der Region Grand Est und Europaabgeordnete Anne Sander blickte gemeinsam mit Frédéric Bierry, Präsident der Europäischen Gebietskörperschaft Elsass, und Christian Tiriou, Vorstand des ZEV, auf diese Zeit zurück.
Das ZEV hatte entscheidend dazu beigetragen, Bürgerinnen und Bürger der Grenzregion sowie aus ganz Europa über ihre Rechte zu informieren. Dies geschah nicht zuletzt durch ein digitales COVID-Einreisetool (Das Prinzip: Unter welchen Umständen darf ich die Grenze überqueren? Die Antwort in nur 30 Sekunden). Das einzigartige Tool wurde in Zusammenarbeit mit dem INFOBEST-Netzwerk und Frontaliers Grand Est entwickelt und von der Region Grand Est und der Europäischen Gebietskörperschaft Elsass co-finanziert. Innerhalb von nur drei Pandemie-Monaten verzeichnete es über 200.000 Zugriffe.
Elementarschadenversicherung: von den Nachbarn lernen
Das ZEV veröffentlichte kürzlich eine Umfrage, deren Ergebnis deutlich zeigt, dass Deutsche sich eine Elementarschadenversicherung nach französischem Vorbild wünschen. 54,6 Prozent sprachen sich in der Umfrage dafür aus, das individuelle Risiko einer Immobilie für Naturgefahren nicht bei der Berechnung der Beitragshöhe zu berücksichtigen. Im Gegenzug soll es niedrigere Preise und eine höhere Versicherungsdichte geben. Noch nicht einmal jeder fünfte Befragte (18,7 Prozent) möchte am risikobasierten System festhalten. Je mehr Versicherte in das System einzahlen, desto günstiger die Beiträge. Die Vorteile des französischen Modells wurden auch bei einem weiteren Runden Tisch der 30-Jahrfeier beleuchtet. Peter Hauk diskutierte mit Thibaut Bucher von der Präfektur der Region Grand Est sowie Pia Imbs, Präsidentin der Eurometropole Straßburg und Jakob Thevis, stellvertretender Vorstand des ZEV.
„Schwere Unwetter sind eine ernstzunehmende Folge im Klimawandel und leider keine Seltenheit“, erläuterte Peter Hauk. „Deshalb ist es wichtig und sollte eine notwendige Maßgabe für jede Bürgerin und jeden Bürger sein, Vorsorge zu betreiben, um auf Schäden, beispielsweise durch Hagel, Sturm oder Überschwemmungen, gut vorbereitet zu sein. Deshalb setzt sich Baden-Württemberg zusammen mit anderen Ländern dafür ein, dass der Bund die Rahmenbedingungen für einen flächendeckenden Versicherungsschutz für Elementarschäden schafft. Damit schaffen wir die Grundlage für schnelle Hilfen für die Betroffenen im Schadensfall.“
Dieser Meinung ist auch Jakob Thevis, der die Zukunft des deutschen Systems nicht in der Einführung einer Pflichtversicherung für die Versicherten sieht, sondern in einem flächendeckenden Versicherungsschutz, der dank günstiger Prämien erreicht wird. Zudem soll ein starker Rückversicherer das System finanzierbar machen und der Staat nur als ultima ratio zu Hilfszahlungen verpflichten werden.
Rufe nach einem europäischen Recht auf Reparatur
Im letzten Runden Tisch zum Recht auf Reparatur wurden ebenfalls zahlreiche Ideenanstöße geliefert, um die aktuellen Debatten auf nationaler und europäischer Ebene zu bereichern.
Anja Mager, Referatsleiterin im BMUV, sprach von der Bedeutung der gesetzlichen Gewährleistung für den Verbraucherschutz. Ihre Gesprächspartner Eric Maurus von der französischen Behörde für Wettbewerb, Verbraucherschutz und Betrugsbekämpfung (DGCCRF) und Antoine Dubois, Vizepräsident der Eurometropole Straßburg, gingen auf die Aspekte der geplanten Obsoleszenz und die Verfügbarkeit von Ersatzteilen ein.
Katharina Binz, Verbraucherschutzministerin des Landes Rheinland-Pfalz, plädierte für eine Weiterentwicklung der Regelungen: „Viele Verbraucherinnen und Verbraucher in Europa wollen nachhaltig konsumieren. Dafür gilt es die gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen. Ein wichtiger nächster Schritt wäre eine gesetzliche Klarstellung, dass ein Produkt als mangelhaft gilt, wenn es nicht repariert werden kann. Gemeinsam können wir auf europäischer Ebene mehr erreichen. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit, wie wir sie heute feiern, ist deshalb besonders wertvoll.“
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