Bärbel Winkler ist ein Wirtschaftswunderkind mit feinem Geruchssinn

Bärbel Winkler | Foto: Michael Bode
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Haslach Die Tür zum Garten ist an diesem sonnigen Tag weit geöffnet und Frühling liegt in der Luft. So wird der würzige Geruch von frisch geschnittenem Buchs und blühendem Bärlauch ins Esszimmer getragen, wo beides eine angenehme Melange eingeht mit dem zarten Duft einer Kerze aus echtem Bienenwachs, dem appetitlichen Aroma von Kaffee und Hefegebäck sowie einem Hauch "Aromatics", dem Parfüm der Gastgeberin Bärbel Winkler. Die Welt der Gerüche hat sie schon immer fasziniert. Seit einigen Jahren beschäftigt sich die 65-jährige Stadtführerin intensiver mit dem Thema und weiß: "Das Gehirn lässt sich so leicht durch Gerüche manipulieren." Inzwischen bietet sie sogar eine geführte "Duft-Tour durch Haslach" an.

Mit "Petticoats und Brausepulver" in die 50er-Jahre

Als Stadtführerin ist sie bereits seit zwölf Jahren im Einsatz. Die Anregung dazu kam von ihrem Ehemann Heinz Winkler, der von 1985 bis 2017 Haslacher Bürgermeister war. Damals wurden im Marktstädtchen dringend Leute für Führungen gesucht. Und tatsächlich machte die Aufgabe der gebürtigen Schwäbin großen Spaß. Zuerst waren es ausschließlich ganz klassische Veranstaltungen. Seit einigen Jahren entführt sie unter dem Motto "Petticoats und Brausepulver" Interessierte in das Haslach der 50er-Jahre. "Ich bin selbst ein Wirtschaftswunderkind und das sogar im doppelten Sinn", scherzt Bärbel Winkler. Zum einen ist sie in dieser Zeit geboren, zum anderen in einer Wirtschaft aufgewachsen.
Den Eltern gehörte nämlich das "Gasthaus Rose" in Fluorn-Winzeln am Heimbach. Leider starb der Vater schon sehr früh, so dass sich Bärbel Winklers Mutter ganz alleine um drei kleine Kinder sowie die "Rose" kümmern musste. Diese war dazu hoch verschuldet, weil kurz zuvor renoviert worden war. "Meine Mutter war eine starke Persönlichkeit und hervorragende Geschäftsfrau", sagt die Tochter noch heute voller Anerkennung. Dabei kam sie gar nicht aus der Branche, sondern hatte in die Gastronomie nur eingeheiratet. "Es war ein einfaches Dorfgasthaus mit einem Saal, insgesamt hatten wir 180 Sitzplätze", erzählt Bärbel Winkler. Wenn es aber nicht gerade eine Hochzeit oder andere große Gesellschaft gab, bot die Witwe lediglich Getränke und Vesper an. So konnte sie das Ganze alleine und mit Aushilfen bewältigen. Wie das damals so üblich war, mussten auch die Kinder mithelfen. "Damit ich Gläser spülen konnte, stand ich auf einem kleinen Podest", erinnert sich die jüngste Tochter lachend.

Eigentlich wäre sie gerne Schreinerin geworden

Nach der Mittleren Reife hätte die junge Bärbel gerne Schreinerin gelernt. Aber damals gab es wesentlich mehr Bewerber als Lehrstellen. Außerdem konnte sich in dieser Zeit in einer solchen Männerdomäne niemand wirklich ein zierliches Mädchen vorstellen. Schließlich wurde es eine Ausbildung als Hotelfachfrau in einem der ersten Häuser in Stuttgart. Eigentlich stellte dieses nur Abiturientinnen ein. Aber die Wirtstochter konnte überzeugen.
Die tatkräftige Bärbel Winkler hatte sicher das Zeug zur Karriere. Nach Hochzeit und Geburt ihres ersten Kindes entschied sie sich trotzdem bewusst dagegen. "Meine Mutter hatte wegen der vielen Arbeit nie Zeit für uns. Ich hatte die Möglichkeit, es anders zu machen", sagt sie schlicht. Das heißt keineswegs, dass die zweifache Mutter und begeisterte Großmutter sich ausschließlich um ihre Lieben kümmerte. Die begeisterte Motorradfahrerin hat zahlreiche Interessen und engagierte sich immer vielfältig. Unter anderem bietet sie eben dufte Stadtführungen an.
Anne-Marie Glaser

Lieblingsgerüche

  • Gartenkräuter
  • Bergamotte
  • Wald nach einem Sommerregen

"Dufte" Bücher

  • "Das Parfum", Patrick Süskind
  • "Alles Geruchssache", Prof. Dr. Bettina M. Pause
Bärbel Winkler | Foto: Michael Bode
Der Duft von Frühling weht durch den Garten von Bärbel Winkler. Sie hat sich intensiv mit dem Thema Gerüche befasst und bietet inzwischen über die Tourist-Info auch Führungen an, bei denen es immer der Nase lang durch das dufte Städtchen Haslach geht. | Foto: Micha Bode

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