Erinnerung an Bücherverbrennung
Gengenbach gemeinsam gegen Gedanken-Gewalt

Die Schülerinnen Nele Schwarz (v. l.), Solveig Hölscher, Cara Winkler, Reinhard End, Julia Kurun, Bürgermeister Thorsten Erny und Lenya Gmeiner  | Foto: Stadt Gengenbach
  • Die Schülerinnen Nele Schwarz (v. l.), Solveig Hölscher, Cara Winkler, Reinhard End, Julia Kurun, Bürgermeister Thorsten Erny und Lenya Gmeiner
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Gengenbach (st) Anlässlich der Bücherverbrennungen, die in Gengenbach am 17. Juni vor 90 Jahren stattgefunden hatten, lud die Stadt zu einer Gedenkstunde ein. Die Teilnahme zahlreicher Bürger und die intensive Gestaltung setzten ein starkes Zeichen unter dem Leitmotiv „Gengenbach gemeinsam gegen Gedanken-Gewalt“.

Bürgermeister Thorsten Erny spannte den Bogen zwischen der Etablierung des nationalsozialistischen Unrechtsstaates, die sich unmittelbar an die Macht-Überlassung des 30. Januar 1933 anschloss und sich in seinen diktatorischen Instrumenten gegen Andersdenkende von der Diskriminierung über die wirtschaftliche Schädigung bis hin zur physischen Vernichtung ausbreitete. Das Unrechtsregime dauerte zwar nur zwölf Jahre, aber es brachte umfassende katastrophale Schädigungen für jeden einzelnen mit sich, es zerstörte unser Land und erschütterte die Welt. Der Bürgermeister ließ, erkennbar bewegt, auch seine Eindrücke mit einfließen, welche die persönliche Begegnung mit den Nachfahren seines demokratisch gewählten Vorgängers Eduard Mack hervorgerufen hatte. Bürgermeister Mack war 1933 von den Nationalsozialisten aus dem Amt verjagt worden.

Freiheit ist hohes Gut

Unvermeidlich war der Bezug zum Gedenkdatum des 17. Juni 1953. Bürger der DDR mussten zum damaligen Zeitpunkt bereits zwei Jahrzehnte unter dem totalitären Regime leben. Ihre Forderung nach Freiheit wurde blutig niedergeschlagen und fand erst 1989 mit der deutschen Wiedervereinigung eine glückliche Erfüllung. Dies mache umso deutlicher, so Bürgermeister Erny, wie lange und wie tief das angerichtete Unheil wirkte, das 1933 unter anderem mit der Kampagne gegen den angeblich „undeutschen Geist“ in Kunst und Wissenschaft begonnen hatte. Und vor allem, es mache deutlich, wie groß unsere Verantwortung heute sei, sorgsam mit dem hohen Gut der Freiheit umzugehen. "Missbrauch von Freiheit, bringt Unfreiheit hervor“, betonte er.

In einer Text-Musik-Inszenierung stellte der künstlerische Leiter des Hauses Löwenberg, Reinhard End, mit Schülerinnen des Marta-Schanzenbach-Gymnasiums bemerkenswerte Hintergründe zum historischen Geschehen her. Die Musiker Felix Bauert und Dominik Bökenkamp spielten dabei ausgerechnet mit dem Saxophon, jenes Instrument, das vielen Nationalsozialisten verpönt war, weil es in Verbindung mit „entarteter“ Musik gesehen wurde.

Die Kampagne nahm am 10. Mai 1933 in den großen Universitätsstädten seinen Ausgang und wurde von einem besonders eifrigen nationalsozialistischen Karrieristen namens Karl Gengenbach in München und Bayern entscheidend vorangetrieben. In Nachahmung brannten in Baden dann um den 17. Juni herum in zahlreichen Städten und Gemeinden die Feuer, auch in Gengenbach. Die „Kampfwoche“ gegen angeblichen Schmutz und Schund war in Wahrheit ein Schandmal der Barbarei. Feuer, ein wesentliches Element des Fortschritts der Menschheitsgeschichte, wurde zum Element des Schadens und der Vernichtung. Die Beiträge der Veranstaltung zeigten deutlich: Es ist die Verantwortung der Menschen, was sie daraus machen: Die Feuer der Nationalsozialisten jedenfalls waren Attacken gegen Mensch, Geist und Freiheit. Die Jugendlichen hielten dagegen die Festlegungen des Grundgesetzes und schlossen mit dem Leitmotiv: „Brennen für die Barbarei - oder Brennen für die Freiheit?“

Die Veranstaltung wird ergänzt durch laufende Angebote der Mediathek und des Museums Haus Löwenberg. Dort sind „Themen- Regale“ eingerichtet, wo sowohl Bücher über das historische Geschehen als auch Werke aus jenen „schwarzen Listen“ einsehbar sind, die damals den Bücherverbrennungen zum Opfer fielen.

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