"Stichwort Bildungsweg": Wie machen Kitas Kinder fit für die Schule?
Eigenständigkeit wird in erster Linie gefördert
Achern-Sasbachried (ds). Kindergarten, Grundschule, weiterführende Schulen, Ausbildung und Studium – der Weg durch die Bildungseinrichtungen ist klar strukturiert und bietet gleichzeitig vielfältige Wahlmöglichkeiten. In unserer neuen Serie gehen wir der Frage nach, welche Schule für welches Kind die richtige ist, beleuchten aber zuerst, wie die Kleinen in den Kindertagesstätten überhaupt fit für die Schule gemacht werden.
"Wir bereiten unsere Kinder nicht nur auf die Schule, sondern auf das Leben vor", betont Nicole Maier, Leiterin der Kindertageseinrichtung in Achern-Sasbachried. Insbesondere liege den Erzieherinnen am Herzen, die Kinder selbstbewusst zu machen. "Außerdem bestärken wir sie darin, sich selbst bewusst zu sein", ergänzt die stellvertretende Kita-Leiterin Doris Kollmannsberger. 13 Schulanfänger zählt derzeit die Einrichtung in Sasbachried. "Die meisten Kinder sind schon jetzt ganz heiß auf die Schule", erzählt das Leitungsteam. Das ist immer so. Besonders nach den Osterferien – oft machen sie dann noch einen großen Schritt in ihrer Entwicklung – wird deutlich, dass die Zeit nun auch gekommen ist, sie loszulassen. Das fällt den Erzieherinnen meist nicht leicht, denn die Schützlinge sind ihnen im Laufe der Jahre natürlich ans Herz gewachsen. "Wir sehen uns als eine große Familie", betont Nicole Maier.
Während früher Kinder im Kindergarten lediglich betreut wurden, wird heute deren Entwicklung und vor allem Eigenständigkeit gefördert. "Wir richten uns dabei nach dem Orientierungsplan, der landesweit gilt", so Maier. So beginnt die Selbstständigkeit schon bei kleinen Dingen: "Die Kinder lernen beispielsweise, sich alleine anzuziehen", berichtet Maier, "indem wir ihre Neugierde und Motivation fördern, möchten wir die Kinder dahin bringen, dass sie auch kleine Probleme selbst lösen oder sich bei uns Rat zu holen, wenn sie etwas nicht schaffen." Das passiert nicht in Gruppen, sondern einzeln. "Wir holen jedes Kind dort ab, wo es ist", sagt Kollmannsberger.
Hat man vor einigen Jahren noch geschaut, wo die Defizite sind, versucht man mittlerweile, die Defizite mit den Stärken zu verbinden. "Malt ein Kind zum Beispiel ungern, interessiert sich aber für Autos, so lässt man es ein Auto malen", nennt die Erzieherin ein Beispiel. Merkt man, dass ein Kind an etwas besonders Interesse zeigt, geben ihm die Erzieherinnen "Futter". Wie genau, besprechen sie meist im Team. "Wichtig ist aber, dass die Kinder auch mal in Ruhe gelassen werden und selbst spielen oder sich beschäftigen können", sagt Nicole Maier.
Für Schulanfänger bieten die Kindertagesstätten – wie auch in Sasbachried – besondere Angebote an. So findet in Kooperation mit der Grundschule einmal pro Woche eine Schulstunde für alle Schulanfänger statt. Ebenfalls einmal wöchentlich gibt es eine extra Turnstunde für "die Großen". Und wenn sie ein entsprechendes Diplom abgeschlossen haben, dürfen sie sogar allein in den Turnraum oder in den Hof. "Das bieten wir aber nur denjenigen Kindern an, denen wir es auch tatsächlich zutrauen und die die Regeln beherrschen", betont Maier.
Im "Zahlenland" lernen die Schulanfänger spielerisch, haptisch und visuell, den Umgang mit Zahlen. "Das ist sehr beliebt, die Kinder rufen dann immer 'Hurra, Zahlenland'", berichtet die Kita-Leiterin. 2011 wurde in Sasbachried das "Bildungshaus" eingerichtet. "Jede Woche kommen die Schulanfänger mit Erst- und Zweitklässlern in unterschiedlichen Gruppen entweder in der Schule oder im Kindergarten zusammen", erklärt Nicole Maier. Zusammen schauen sie sich dann beispielsweise Kinderbücher an, basteln Traumfänger, turnen oder wandern gemeinsam. Um die Gruppe der Schulanfänger enger zusammenzuschweißen, stehen außerdem gemeinsame Unternehmungen auf dem Programm: ein Besuch in der Imkerei, in der Bücherei, auf dem Markt oder im Krankenhaus. "Das brauchen die Kinder auch, um allen zu zeigen: Wir sind die Großen", weiß Maier.
Merken die Erzieherinnen, dass ein Kind noch nicht reif für die Grundschule ist, empfehlen sie den Eltern die Grundschulförderklasse. "Das kann der Fall sein, wenn das soziale Verhalten einfach noch nicht dem Alter entsprechend ist", schildert die Leiterin der Einrichtung. "Ich wünsche mir, dass Eltern die Grundschulförderklasse positiver annehmen und als Chance sehen", sagt Nicole Maier. Prinzipiell haben sie und ihr Team aber ein gutes Gefühl, wenn die Schulkinder den Kindergarten verlassen. Sie wissen, stets ihr Bestes gegeben und die besten Voraussetzungen geschaffen zu haben.
Nur in Bezug auf Flüchtlingskinder – in die Kita Sasbachried gehen derzeit vier, die in diesem Jahr in die Schule kommen – haben Nicole Maier und Doris Kollmannsberg Bedenken: "Der Spracherwerb ist das größte Problem, hinzu kommen aber noch der Umgang mit Regeln und das unterschiedliche Weltbild." Es ist ein anderes Arbeiten, das auch die Erzieherinnen vor eine große Aufgabe stellt. "Uns bleibt nur ein Jahr, diese oft traumatisierten Kinder schulreif zu machen", so Maier. Erschwert wird die Arbeit außerdem dadurch, dass die Kinder aus der Unterbringung in der Acherner Kernstadt mit einem Bus nach Sasbachried gebracht werden und deswegen der Kontakt zu den Eltern fehlt. "Wir versuchen, der Problematik entgegenzusteuern, indem wir die Kinder oftmals einzeln fördern und ihnen gezielt etwa beibringen, ihren Namen zu schreiben oder die Farben zu lernen", berichtet die Kita-Leiterin Nicole Maier.
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