Einzelne Dunghaufen mit mehr als 800 Käfern
Weidetiere fördern Insekten

Käferspezialist Jörn Buse aus dem Nationalpark Schwarzwald bei der Arbeit | Foto: Elenor Buse
  • Käferspezialist Jörn Buse aus dem Nationalpark Schwarzwald bei der Arbeit
  • Foto: Elenor Buse
  • hochgeladen von Matthias Kerber

Seebach (st). Die offenen Bergheiden im Nordschwarzwald – auch als Grinden bekannt – gehören zu den Alleinstellungsmerkmalen des Nationalparks und bieten Lebensraum für viele, zum Teil seltene und bedrohte Arten. Zum Erhalt dieser besonderen Landschaftsform tragen jedes Jahr auch viele Weidetiere – unter anderem Schafe, Pferde und Heckrinder – bei. Dass die Beweidung auch der Insektenvielfalt und -masse nützt, konnte ein Forscherteam des Nationalparks jetzt am Beispiel der Dungkäfer nachweisen.

„Wir haben 18 verschiedene Weideflächen im Nordschwarzwald stichprobenhaft untersucht“, berichtet Jörn Buse, Experte für Biodiversität im Nationalparkteam. Diese Flächen befinden sich sowohl im Schutzgebiet als auch außerhalb und repräsentieren Höhenlagen zwischen 250 und über 1.000 Metern. In ihren Proben konnten die Wissenschaftler mehr als 33 verschiedene Dungkäferarten nachweisen. „Die untersuchten Dunghaufen waren im Mittel von 50 Käfern besiedelt“, erzählt der Käferspezialist Buse. „Einzelne Dunghaufen enthielten sogar mehr als 800 Tiere.“

Wichtige Schnittstelle

Im Ökosystem nehmen die Dungkäfer eine wichtige Schnittstelle ein. „Ohne ihre fleißige Arbeit wäre der Nährstoffkreislauf nicht geschlossen“, erklärt Buse. „Die Hinterlassenschaften der Käferlarven sind unmittelbar pflanzenverfügbarer Dünger. Außerdem belüften die Käfer durch ihr Graben den Boden und verbringen im Dung enthaltene Pflanzensamen in den Boden.“

Landwirte wie Alfons Schnurr vom Schnurrenhof in Seebach beweiden seit mehr als 40 Jahren ihre Flächen. „Diese lange Weidetradition ist zusammen mit einigen anderen Faktoren ein entscheidender Aspekt für die Artenvielfalt, die wir hier finden konnten“, ist Buse überzeugt. Hohe Artenvielfalt wird auch bei kontinuierlicher Beweidung vom Frühjahr bis in den Herbst gefördert, da die Käfer saisonal gestaffelt aktiv sind. „Ein Beispiel ist hier die ganzjährige naturschutzorientierte Beweidung mit schottischen Hochlandrindern in Geroldsau durch die Familie Baumann“, so Buse.

Untersuchungen aus England zeigen, dass ein etwa 600 Kilogramm schweres Rind mehr als elf Tonnen Dung im Laufe eines Jahres auf der Weidefläche liefert. Dieser Dung wird von etwa 120 Kilogramm Insektenlarven genutzt. „Grob geschätzt kann man sagen, dass jedes extensiv gehaltene Rind eine Masse an Insekten fördert, die etwa einem Fünftel der eigenen Körpermasse des Rindes entspricht“, sagt Jörn Buse. Die traditionelle Flächennutzung im Grünland sei daher auch als ein wichtiger Baustein für Strategien gegen den Verlust der Insektenvielfalt und -masse zu werten. „Erhalt und Förderung der Beweidung in einer Kulturlandschaft wie den Grinden des Nordschwarzwaldes muss mehr Beachtung finden“, fordert Buse. Gerade Rinderhaltung würde wegen ihrer CO2-Bilanz zunehmend negativ beurteilt. „Bei extensiver Haltung ergibt sich aber ein anderes Bild und ihr Beitrag für den Insektenschutz wird bisher stark unterschätzt“, stellt Buse klar.

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.