Welcome Center Südlicher Oberrhein
Beratungsanfragen haben sich verdoppelt

- Das Team des Welcome Centers Südlicher Oberrhein (von links): Justyna Gawron, Sophie Figueredo-Hardy und Olga Kuchendaeva.
- Foto: Michael Bode/IHK Südlicher Oberrhein
- hochgeladen von Karen Christeleit
Ortenau (st) Insgesamt 229 Unternehmen haben sich im vergangenen Jahr vom Welcome Center Südlicher Oberrhein beraten lassen, heißt es in einer Pressemeldung. Das ist ein Anstieg von 100 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Bei den internationalen Fachkräften, die sich an die Beratungsstelle wandten, war der Zuwachs sogar noch größer. Die meisten Anfragen kommen aus der Ukraine und der Türkei. Das Land mit den dritthäufigsten Anfragen überrascht.
Fachkräften aus dem Ausland gesucht
Trotz anhaltender Konjunkturkrise und ansteigender Arbeitslosigkeit suchen viele Firmen weiterhin nach Fachkräften. In der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage gaben 46 Prozent der teilnehmenden Betriebe am südlichen Oberrhein an, dass der Fachkräftemangel ihre wirtschaftliche Entwicklung gefährde. Das wachsende Bestreben der Unternehmen, Fachkräfte aus dem Ausland zu gewinnen, bekommt auch das Welcome Center zu spüren.
Seit dem Frühjahr 2023 bietet das Welcome Center Südlicher Oberrhein seine Dienste an. „Seit unserer Gründung hat die Nachfrage enorm zugenommen“, sagt Leiterin Dr. Sophie Figueredo-Hardy. Gemeinsam mit ihren beiden Kolleginnen Justyna Gawron und Olga Kuchendaeva hilft sie Unternehmen bei der Suche nach Fachkräften aus dem Ausland und bei Fragen zur aktuellen Gesetzeslage. Die Nachfrage hat sich im vergangenen Jahr verdoppelt auf 229 Unternehmensanfragen. Auch die Zahl der Folgeberatungen stieg deutlich von 18 Prozent (2023) auf 28 Prozent (2024). „Dass sich immer mehr Unternehmen wiederholt an uns wenden, ist ein positives Zeichen für das wachsende Vertrauen in unsere Arbeit“, sagt Leiterin Figueredo-Hardy.
Die meisten Unternehmensanfragen kamen mit 29 Prozent aus dem Hotel- und Gaststättengewerbe, gefolgt mit 16 Prozent vom verarbeitenden Gewerbe und mit 12 Prozent vom Baugewerbe. „Erfreulich ist, dass auch immer mehr Handwerksbetriebe unseren Service in Anspruch nehmen“, sagt Figueredo-Hardy.
Fast jedes zweite Unternehmen, das sich ans Welcome Center wandte, stellte Fragen zu Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen. Dass dieses Thema an Relevanz gewinnt, war absehbar und hängt mit dem zwischen November 2023 und Juni 2024 schrittweise umgesetzten Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) zusammen. „Das FEG hat zwar zu einigen rechtlichen Erleichterungen geführt, doch für die Betriebe bleibt der Prozess weiterhin komplex“, sagt Sunay Gün, Teamleiter der Abteilung Fachkräftesicherung der IHK Südlicher Oberrhein. Ob eine Fachkraft einreisen darf, hängt von verschiedenen Faktoren ab – etwa vom Nachweis eines staatlich anerkannten Berufsabschlusses im Herkunftsland sowie einer mindestens zweijährigen Ausbildung. „Nach wie vor stellen bürokratische Hürden eine Herausforderung dar. Wir unterstützen die Unternehmen dabei, sich in diesem Prozess zurechtzufinden und die richtigen Schritte zu gehen“, betont IHK-Experte Gün.
Im vergangenen Jahr hat das Welcome Center insgesamt 422 internationale Fachkräfte beraten. Das entspricht einem Anstieg von 192 Prozent im Vergleich zum Gründungsjahr. Dabei hat sich das Geschlechterverhältnis angenähert. 2024 zählte die Beratungsstelle 56 Prozent Männer und 44 Prozent Frauen. Im Jahr zuvor lag der Frauenanteil noch bei 38 Prozent.
Die meisten Anfragen kommen mit 16 Prozent nach wie vor aus der Ukraine und zu acht Prozent aus der Türkei. Auf Platz drei landete überraschend Kolumbien mit sechs Prozent, noch vor Indien mit fünf Prozent und Marokko mit vier Prozent. Im vorvergangenen Jahr waren aus dem südamerikanischen Land noch keine Fachkräfte beraten worden. Im vergangenen September hatten Regierungsvertreter beider Länder eine gemeinsame Absichtserklärung über eine Migrationspartnerschaft unterzeichnet. Ziel ist es laut Bundesinnenministerin Nancy Faser, irreguläre Einwanderung einzudämmen und dafür gut qualifizierte Arbeitskräfte zu gewinnen, „die wir in vielen Bereichen von der Pflege bis zum Handwerk dringend brauchen“.
Anfragen aus mehr als achtzig Ländern
Insgesamt erreichten das Welcome Center Anfragen aus mehr als achtzig Ländern. Da hilft es, dass die drei Beraterinnen neben Deutsch sieben Sprachen beherrschen. Die für die internationalen Fachkräfte dominierenden Themen waren Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen sowie die Anerkennung ausländischer Qualifikationen.
Die meisten ausländischen Fachkräfte stammen mit neun Prozent aus dem Hotel- und Gaststättengewerbe, dem Baugewerbe, dem sozialen Bereich (Erziehung und Unterricht) sowie mit sieben Prozent aus den kaufmännischen Berufen. Signifikant gestiegen ist der Anteil der ausländischen Fachkräfte mit einer abgeschlossenen Ausbildung – von 13 auf 20 Prozent. „Wie begrüßen diese Ausgewogenheit und werden auch weiterhin gezielt Fachkräfte ohne Hochschulabschluss ansprechen“, sagt Welcome-Center-Leiterin Figueredo-Hardy.
Für das laufenden Jahr sieht das Welcome Center weiterhin einen intensiven Beratungsbedarf bei der Anwendung des neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes. Dazu wird es zahlreiche Informationsveranstaltungen geben. „Wir stellen fest, dass die intensive Aufbauarbeit des Welcome Centers in der Region zunehmend Früchte trägt“, sagt Figueredo-Hardy. Ziel sei es, das Netzwerk immer weiter auszubauen. Dazu dienen Kooperationen mit regionalen Wirtschaftsförderern und regionalen Ausländerbehörden. Neben der Webseite ist das Welcome Center auch auf LinkedIn und Facebook aktiv. Demnächst startet ein eigener Instagram-Kanal.
Die IHK Südlicher Oberrhein:
Stark machen für mehr als 70.000 Mitglieder
Vom Kleinunternehmer bis zum Weltmarktführer – die IHK Südlicher Oberrhein vertritt die Interessen der Wirtschaft gegenüber Politik und Verwaltung. Wir beraten sowohl Startups als auch etablierte Unternehmen, Fachkräfte und solche, die es werden wollen, organisieren Prüfungen und trommeln bei Kommunen und Verwaltungen für optimale Standortbedingungen. Für den Staat übernehmen wir ausgewählte Aufgaben, informieren über neue Zoll-Richtlinien, Wachstumschancen auf ausländischen Märkten oder organisieren zahlreiche Netzwerktreffen und Veranstaltungen.
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