Die Glosse im Guller

Von der geistigen Reife junger Menschen

Der Fall sorgte bundesweit für Aufsehen. Ein damals maskierter 20-Jähriger nahm vor einem Jahr in einer Apotheke in Karlsruhe drei Menschen als Geiseln und verlangte eine Million Euro Lösegeld. Dass er "nur" mit einer Schreckschusspistole drohte, kam erst raus, nachdem die Polizei das Gebäude gestürmt und ihn festgenommen hatte. Da die Geiseln keine Waffenspezialisten waren, hatten sie trotzdem Todesangst und leiden bis heute unter Panikattacken.

Jugendstrafrecht

Dafür wollte ihn die Staatsanwaltschaft nun acht Jahre und zehn Monate ins Gefängnis stecken. Die Verteidigung meinte, sieben Jahre wären auch genug. Letztendlich wurde er am Dienstag zu siebeneinhalb Jahren verurteilt. Das Gericht legte ihm seine vielen Vorstrafen übel aus. Würdigte jedoch, dass sich der Angeklagte für die Tat entschuldigte, es ihm nicht wirklich ums Geld gegangen sei, außerdem hat er wohl eine schwere Kindheit gehabt. Und weil er wohl in der Entwicklung etwas zurückgeblieben ist, wurde Jugendstrafrecht angewandt.
Nun will ich das Urteil gar nicht infrage stellen. Für meinen Geschmack wird zwar in Deutschland zu viel über das schwere Los der Täter und zu wenig über das der Opfer nachgedacht. Grundsätzlich ist es jedoch schon richtig, wenn nicht einfach nur nach Einheitsschema F abgestraft wird.

Kommunalwahlen

Warum ist die Reife eines Menschen aber immer nur dann ein Thema, wenn es um die Pflichten oder negative Konsequenzen geht? Bei den Rechten fragt sich dagegen niemand, ob junge Leute möglicherweise noch überfordert sind, beispielsweise am 9. Juni bei den Kommunalwahlen.
Unsere Gesellschaft findet, ein 16-Jähriger hat noch nicht genug Verstand, um mit seinem eigenen Geld ein Moped zu kaufen. Aber er gilt als reif genug, zu entscheiden, wer in Achern, Offenburg oder Lahr das politische Sagen hat. Und wird er selbst gewählt, kann ein 16-Jähriger mitentscheiden, ob mit dem Geld des Steuerzahlers die Stadt ein Moped kauft.